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Sport: Die Rettung nach dem Schock

Für Hertha BSC hat mit dem Unentschieden von Hannover die neue Saison begonnen

Misserfolg braucht Erklärungen, beim Erfolg zählt nur das Ergebnis. So wie bei dem Elfmeter, mit dem Sofian Chahed am Samstag in Hannover die gelungene Aufholjagd von Hertha BSC initiierte. Er war einfach perfekt geschossen: links oben in den Winkel, für jeden Torwart der Welt unhaltbar. Dreimal ist Chahed in dieser Saison für den Berliner Fußball-Bundesligisten zum Elfmeter angetreten, dreimal hat er verwandelt, jedes Mal mit erstaunlicher Sicherheit. Chahed sagt, beim Elfmeter müsse man sich genau darauf konzentrieren, wo der Ball hin soll, und ihn dann mit aller Macht dorthin schießen. So wie in Hannover? Na ja, sagt Chahed, „eigentlich sollte er unten rechts hingehen“.

Aber wen interessiert das noch? Hertha hat ein schon verloren geglaubtes Spiel zu einem erträglichen Ende gebracht: 2:2 nach einem 0:2 zur Halbzeit und einer halbstündigen Phase vor der Pause, in der sich die Berliner Abwehr erfolgreich am ungewohnten Genre Slapstick versuchte. „Wir waren ein wenig schockiert“, sagte Herthas Trainer Lucien Favre über die beiden De-facto-Eigentore der Berliner. Beim Blick auf die virtuelle Tabelle verschärfte sich dieser Zustand noch: Zur Pause war Herthas Abstand auf die Abstiegszone auf fünf Punkte geschrumpft.

Aber wen interessiert das noch? Als Manager Dieter Hoeneß nach dem Spiel gefragt wurde, ob er sich angesichts von nun bereits acht Spielen ohne Sieg noch Sorgen mache, antwortete er in der gebotenen Kürze: „Nee.“ Die zweite Halbzeit hatte das Tabellenbild entscheidend verändert: Hertha schaffte ein Unentschieden, und die Vereine dahinter nahmen sich gegenseitig die Punkte weg. Vier Spieltage vor Saisonende liegen die Berliner nun acht Zähler vor Platz 16. Hertha wird die Spielzeit im unteren, aber gesicherten Mittelfeld beenden. „Wir müssen sehen, dass wir jetzt noch vernünftig über die Saison kommen“, sagte Hoeneß.

Die letzten vier Spiele (gegen den KSC, in Leverkusen, gegen Nürnberg und bei den Bayern) sind nur noch ein Vorgriff auf die nächste Saison, die für die Berliner ungleich erfolgreicher verlaufen soll. Schon die Rückrunde wird gemeinhin als Fortschritt gesehen. „Es ist schwieriger, gegen uns zu gewinnen“, sagte Favre. Und auch im Spiel nach vorne hat sich die Mannschaft zumindest in Nuancen verbessert. Allerdings hat sie seit dem Winter vier Punkte weniger geholt als zum gleichen Zeitpunkt der nicht besonders ertragreichen Vorrunde. Trotzdem hatte Verteidiger Sofian Chahed das Gefühl, „dass wir spielerisch zugelegt haben“.

Für den nächsten Schritt soll der Kader im Sommer weiter verändert werden. Aber anders als vor einem Jahr schwebt Hoeneß diesmal eine behutsame Ergänzung vor: „Wir werden im Kern auf dieser Mannschaft aufbauen.“ Vorrangigen Bedarf sieht Herthas Manager an kreativen Spielern fürs Mittelfeld und für den Sturm; auch ein zusätzlicher Abwehrspieler wird möglicherweise noch gesucht. „Wir haben 25, 30 Namen in der engeren Auswahl“, sagt Hoeneß. Fürs offensive Mittelfeld ist der brasilianische Nationalspieler Thiago Neves, 23, von Fluminense Rio de Janeiro im Gespräch. Mit dem zur Verfügung stehenden Budget von neun Millionen Euro dürfte er jedoch kaum zu finanzieren sein. Als neuer Stürmer wird schon seit Wochen der Tunesier Mohamed Cermiti, 20, gehandelt, „er ist nach wie vor in der Auswahl“, sagt Hoeneß, und auch am serbischen Mittelfeldspieler Ljubomir Fejsa, der schon im Winter bei Hertha mittrainiert hat, besteht immer noch gesteigertes Interesse.

Von Favre ist bekannt, dass er schnelle Entscheidungen scheut. Transfers müssen wohlüberlegt sein, die Spieler klaren Qualitätskriterien genügen. Seinen Qualitätskriterien – und die stimmen nicht unbedingt mit denen des Managers überein. „Was heißt kreativ?“, fragt Favre. Dass ein Spieler über den halben Platz dribbelt und dann den Ball verliert? „Das ist keine Kreativität. Das ist Dummheit.“

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