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Sport: Die Rückkehr des Adels

Michael Ballack macht den Unterschied im deutschen Spiel

Reykjavik. Gut, dass Michael Ballack dabei ist. Der „Fußballer das Jahres“ macht nun mal den Unterschied in den Spielen der deutschen Nationalmannschaft. Wenn sich Ballack auf Island keinen Schnupfen holt und nicht wieder die Wade zwickt, sollte die Mannschaft von Rudi Völler am Samstag auf seine Führungsstärke bauen können, zumal nach dem Ausfall von Paul Freier auch der Einsatz von Bernd Schneider (Virus) und Jens Jeremies (Knieprobleme) fraglich ist.

Ballacks Weltklasse adelt nun einmal die deutsche Mäßigkeit. Nach einer Reihe schwacher Auftritte ohne ihn im Folgejahr der Weltmeisterschaft darf gegen Island und gegen Schottland am kommenden Mittwoch also gehobene Qualität erwartet werden. „Jeder muss mehr bringen, dann können wir auch als Mannschaft wieder gut Fußball spielen“, sagt Ballack und wehrt sich gegen die hohen Erwartungen an seine Person. Alle seien gefordert, nicht nur er. „Ich bin nicht der Heilsbringer der Nationalmannschaft.“

Und trotzdem, irgendwie ist er es doch. Wie sehr Ballack vonnöten ist, lässt sich bis in die Endphase der WM in Asien zurückverfolgen. Die Treffer jeweils zum 1:0 gegen die USA und Südkorea brachten Deutschland ins Finale, in dem Ballack wegen der zweiten Gelben Karte – eingehandelt durch ein, wie er meinte, „notwendiges Foul“ und im Bewusstsein der Tragweite – dann fehlte. Deutschland ohne Ballack – das machte den Unterschied auch beim 0:2 gegen Brasilien.

Zum Auftakt vor genau einem Jahr bot Völlers Mannschaft noch die überzeugendste Leistung aller bisherigen EM-Qualifikationsspiele mit dem 2:0-Sieg in Litauen – dank Ballacks Führungstor und seiner Dominanz im Spiel. Der 2:1-Sieg gegen die Färöer war zwar alles andere als eine Offenbarung, trotz Ballack. Aber der Bayern-Star schoss immerhin das wichtige, nämlich erste Tor. Ohne Ballack spielte die Mannschaft gegen Litauen nur 1:1 und gewann später auf den Färöer knapp 2:0.

In den sieben Länderspielen dieses Jahres mit den Niederlagen gegen Spanien und zuletzt gegen Italien war Ballack nur beim enttäuschenden 1:1 in Schottland dabei. Nach dem Spiel irritierte er mit seiner Kritik. Ungewohnt deutlich hatte Ballack „fehlende Persönlichkeiten“ und „fehlende Klasse“ angeprangert. Nicht länger nur am Ball, sondern auch in der Rolle des fordernden Anführers erinnerte Ballack an Franz Beckenbauer.

Was die Bayern von ihm verlangt haben, bringt der 26-Jährige jetzt in der Nationalmannschaft ein: Verantwortung und das Selbstbewusstsein auf und auch außerhalb des Platzes. „Zuletzt haben einige nicht ihre volle Leistung abgerufen. Jeder weiß, dass er sich steigern muss“, sagte Ballack also in Reykjavik. „Wir sind Vizeweltmeister. Ich denke, wir müssen den Anspruch haben, beide Spiele zu gewinnen.“ Klingt einfach.

Hartmut Scherzer

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