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Sport: Die sanfte Revolution Deutschlands junges Hockeyteam

brilliert bei der Champions Trophy

Von Stefan Hermanns

Köln. Als alle Fragen gestellt waren, ergriff Florian Kunz das Wort in nicht-eigener Sache. „Was ich noch sagen wollte“, sagte der Kapitän der deutschen Hockey-Nationalmannschaft: „Sebastian Biederlack hat heute ein sehr, sehr gutes Match gespielt. Er hat einen exzellenten Job gemacht.“ Gefragt hatten ihn die Journalisten nicht danach.

Sebastian Biederlack ist 20 Jahre alt, im März gehörte er zum Aufgebot des Deutschen Hockey-Bundes, das in Kuala Lumpur Weltmeister geworden ist. Und trotzdem war der Hamburger vor seinen ersten Einsätzen bei der Champions Trophy in Köln ein bisschen nervös. Biederlack, der Mittelfeldspieler vom Club an der Alster, ist erst nach dem Gewinn des WM-Titels zum Stammspieler im Nationalteam aufgestiegen. Seine Entwicklung steht für eine sanfte Revolution im Team. Umbruch? Ja, aber nicht zu viel. „Das ist ein offenes System“, sagt Bundestrainer Bernhard Peters. „Wie eine Drehtür.“

Die Drehtür hat ein Mittelfeld in die deutsche Mannschaft befördert, in dem niemand spielt, der älter ist als 22. Peters selbst war sich vor dem Turnier nicht ganz sicher, ob das Experiment mit Biederlack, Max Landshut (22), Tibor Weißenborn (21) und Justus Scharowsky (22) funktionieren würde. Nach dem zweiten Spiel, das die Deutschen gestern ein bisschen glücklich 3:2 gegen Indien gewannen (Tore: Timo Wess, Christian Wein, Florian Kunz), aber sagt er: „Ich bin positiv überrascht: wie klug sie schon spielen, wie wenig Bälle sie verlieren.“

Das deutsche Team ist das zweitjüngste bei der Champions Trophy in Köln; gleichzeitig besitzt der Kader mit zusammen 1980 Länderspielen die zweitgrößte internationale Erfahrung nach Pakistan (2045). Die Mannschaft befindet sich gewissermaßen im permanenten Umbruch, „wir haben exzellente Talente“, sagt Peters. Und doch waren 14 der 18 Spieler des Aufgebots bereits im März bei der WM dabei – so viele wie bei keinem anderen der sechs Teilnehmer des Turniers in Köln. Mit zwei Siegen aus den ersten beiden Spielen haben die Deutschen beim Turnier der derzeit sechs weltbesten Teams die Tabellenführung übernommen. „Es übersteigt meine Erwartungen“, sagt Peters. Die Deutschen sind zwar Weltmeister, und für ihren Kapitän Florian Kunz zählen sie daher auch zu den Favoriten auf den Sieg bei der Champions Trophy, „aber wir sind nicht der Topfavorit. Das wären wir mit der Mannschaft, die im März die WM gewonnen hat.“

Doch außer Rekordnationalspieler Christian Mayerhöfer, der seine internationale Karriere beendet hat, fehlen auch Michael Green, Jamilon Mülders und Christoph Eimer. Bisher hat sich das noch nicht gravierend bemerkbar gemacht. Sogar für den als Perfektionist bekannten Bundestrainer Bernhard Peters gibt es nicht allzu viel zu kritisieren: „Manchmal sind meine Spieler etwas zu verliebt in ihr schnelles Kombinationsspiel.“ Es gibt Schlimmeres.

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