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Bayern am Boden. Philipp Lahm kann Mirko Vucevic in dieser Szene zwar den Ball abjagen, am Ende aber machen die Römer fette Beute. Dank einer Steigerung in der zweiten Hälfte brachten sie den Bayern nach neun Spielen wieder eine Pflichtspielniederlage bei. Foto: Reuters

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Sport: Die Sehnsucht bleibt unerfüllt

Nach vier Siegen hintereinander verliert Bayern München beim AS Rom nach 2:0-Führung noch 2:3

Rom - Die Sehnsucht der Deutschen nach Italien besitzt eine jahrhundertealte Tradition; im Vergleich dazu hat der FC Bayern München seine Liebe zum Land jenseits der Alpen erst sehr spät entdeckt. Es war in der vorigen Saison, als der deutsche Rekordmeister in Turin und Florenz zwei bahnbrechende Erfolge auf dem Weg ins Finale der Champions League feierte. Das Spiel gestern Abend im Olympiastadion von Rom konnte da von seiner Bedeutung her nicht ganz mithalten. Die Bayern waren bereits für das Achtelfinale der Champions League qualifiziert, trotzdem sah es lange nach einem neuen Kapitel aus dieser besonderen bayrisch-italienischen Liebesgeschichte aus. Zur Pause führten die Münchner 2:0, in der zweiten Hälfte aber verspielten sie den Sieg noch. 3:2 hieß es am Ende für den AS Rom. Nach vier Siegen zum Start der Gruppenphase endete die imposante Serie der Bayern höchst unsanft, trotzdem stehen sie schon vor dem letzten Spiel als Gruppensieger fest – weil sie den direkten Vergleich gegen die Römer nach dem 2:0 im Hinspiel für sich entschieden haben.

Die Aufstellung von Trainer Louis van Gaal enthielt zweieinhalb Überraschungen. Im Tor stand nicht der Stammtorhüter Jörg Butt, sondern der 22 Jahre alte Thomas Kraft. Van Gaal nutzte das Spiel, um dem jungen Torhüter ein wenig Erfahrung auf höchstem europäischen Niveau zu verschaffen. Martin Demichelis kehrte anstelle des Brasilianers Breno in die Viererkette zurück – auch das war nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Dass Franck Ribéry von Anfang an spielte, kam weniger überraschend. Durch die Gelbsperre von Bastian Schweinsteiger war ein Platz im Mittelfeld frei geworden. Toni Kroos rückte hinter die Spitzen und machte die linke Seite für den Franzosen frei.

Ribéry hatte vor dem Spiel öffentlich einen Einsatz in der Startelf verlangt. „Wenn ich nur 25 oder 30 Minuten spiele, werde ich nie mein altes Niveau wieder erreichen“, hatte er in einem Fernsehinterview gesagt; zudem äußerte er sich ungewöhnlich kritisch über seinen Trainer van Gaal. „Ich kann nicht sagen, dass ich viel Spaß mit ihm habe.“ Der Holländer nahm es mit Humor. „Heute haben wir miteinander gesprochen“, sagte er vor dem Spiel, „und es war Liebe auf den ersten Blick.“

Während Ribéry gegen die Römer zunächst nicht weiter auffiel, wurde Torhüter Kraft in seinem Pflichtspieldebüt für die Profis schon früh geprüft. In der dritten Minute parierte er einen Schuss von Marco Borriello, und auch beim Versuch von Leandro Greco reagierte er prächtig. Es kam nicht von ungefähr, dass die Römer es aus der Distanz probierten. Die Bayern beherrschten das Geschehen, nur im Spiel nach vorne fehlte ihnen die letzte Entschlossenheit. Das änderte sich nach einer halben Stunde. Nach einer von Kroos eingeleiteten Kombination bediente Ribéry Mario Gomez. Was das Selbstbewusstsein bei einem Stürmer ausmacht, war in dieser Szene bestens zu erkennen: Gomez traf den Ball gar nicht richtig, trotzdem hoppelte der hart neben dem Pfosten zum 1:0 ins Tor. Im 14. Pflichtspiel war es das 13. Tor für den Nationalstürmer, sechs Minuten später erzielte er das 14., diesmal nach Vorarbeit von Thomas Müller. „Absolute Weltklasse“ bescheinigte Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger dem Doppeltorschützen.

Das schönste Tor aber gelang den Gastgebern – im Anschluss an eine Ecke für die Bayern. Fünf Minuten nach der Pause überlief Jeremy Menez zunächst Anatoli Timoschtschuk, anschließend auch Martin Demichelis, nach seiner Hereingabe konnte Philipp Lahm den Schuss von Borriello zwar noch blocken, doch im Fallen hob der Stürmer der Römer den Ball an Kraft vorbei ins Tor. Die Fehler in der Verteidigung der Bayern häuften sich nun. Daniel van Buyten unterliefen in der Spieleröffnung wieder dramatische Schnitzer, und auch Demichelis wirkte oft unsicher. Thomas Kraft konnte das nur recht sein. Er bekam nun weitere Gelegenheiten, sein Talent zu beweisen. Nach einer Stunde bewahrte er sein Team gleich zwei Mal vor dem Rückstand. Der junge Torhüter strahlte große Ruhe aus. Von seinen Kollegen konnte man das in der zweiten Hälfte nicht immer behaupten.

Die Wende deutete sich lange an, zehn Minuten vor Schluss nahm sie endgültig ihren Lauf. Nach einem schönen Angriff über die linke Seite musste Daniele de Rossi den Ball nur noch zum 2:2 über die Linie schieben. Zwei Minuten später kam Kraft gegen Borriello einen Tick zu spät, Schiedsrichter Mallenco entschied zu Recht auf Elfmeter. Der eingewechselte Francesco Totti schoss nicht besonders platziert, doch unter Krafts Oberkörper rutschte der Ball ins Tor. Es war die treffende Schlusspointe auf eine enttäuschende zweite Halbzeit der Bayern, die nach neun Pflichtspielen ohne Niederlage zum ersten Mal wieder verloren. Tsp

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