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Natürlich wollen sie auch gewinnen! Die Tennisspieler Julius Dietrich (l.) und Timo Hampel kämpfen bei den Weltspielen um die Medaillen.

© IMAGO/tennisphoto.de

Die Special Olympics World Games in Berlin: Sport – wie Sport sein sollte!

Die Special Olympics haben all das, was die Olympischen Spiele verloren haben. Oder ist das nur eine wunderschöne Erzählung im Vorfeld? Finden Sie es selbst heraus.

Ein Kommentar von Daniel Goldstein

Der eine schwärmt vom „tollen Konzept“ oder „Sport pur, Lebensfreude pur und dem fairen Wettstreit”. Der andere lobt die Organisation als „viel mehr auf die Athlet*innen ausgerichtet als auf die Sponsoren im Vergleich mit dem Profisport“. Der eine hat Special Olympics Deutschland mitbegründet, der andere initiierte die Gründung einer Abteilung der Special Olympics auf den Fidschi-Inseln.

Daraus eine weltweite Einigkeit abzuleiten, wäre natürlich sehr mutig. Aber wenn zwei Menschen, die fast 16.000 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt wohnen, sich dermaßen einig sind, ist das schon mal ein gutes Indiz dafür, dass die Special Olympics World Games eine ziemlich coole Sache sind.

Und wenn man sich die vielen tatsächlichen Argumente anschaut, dann beeindruckt das noch mehr. Da wäre die Regel, dass in einer Delegation – ob Athlet*in oder Betreuer*in – mindestens zwei Drittel nicht bei den vorherigen Weltspielen dabei gewesen sein dürfen, also immer wieder viele neue Menschen ein einmaliges Ereignis erleben können.

Es stimmt augenscheinlich alles am Konzept

Oder das sogenannte „Host Town Program“, bei dem die Delegationen schon mehrere Tage vorher zur Akklimatisation sowie Überwindung des Jetlags im Gastgeberland anreisen und von vielen Gemeinden empfangen werden, die sich wiederum tolle Dinge für die Gäste einfallen lassen. Quasi Erdkunde praktisch.

Es gibt das „Healthy Athletes Program“, bei dem die Athlet*innen richtig gründlich von speziell geschulten Ärzten untersucht werden und bei dem sie für jeden Arztbesuch Prämien erhalten. Hierbei wurden schon einige Löcher in Zähnen entdeckt oder Brillen unterschiedlichster Stärken verschrieben.

Das Konzept der „Unified Sports“, bei dem in verschiedenen Sportarten Inklusion praktisch auf die große Bühne gehoben wird, indem Sportler*innen mit und ohne Behinderung gemeinsam wetteifern, muss ebenfalls erwähnt werden.

Und es gibt die Klassifizierungswettbewerbe am Anfang der Spiele. Sie teilen die Sportler*innen für die eigentlichen Wettbewerbe direkt vor Ort in Leistungsklassen ein, damit alle miteinander auf möglichst ähnlichem Niveau miteinander Sport machen können. Daraus folgt ein spannenderer Wettbewerb und viel mehr Erfolgserlebnisse für die Sporttreibenden.

Kurzum: Es stimmt augenscheinlich alles am Konzept. Der Sport ist hier in der Organisation der Wettbewerbe und des Drumherum vollkommen auf die Menschen ausgerichtet – und eben nicht auf die Fernsehtauglichkeit, das Spektakel, den Profit. Es geht zwar um Medaillen, aber das ist gar nicht das große Ziel. Alle freuen sich vor allem auf die Erlebnisse, die Erfahrungen und den Austausch. Zudem wird die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass Menschen mit geistiger Behinderung zu sehr viel fähig sind, wenn diejenigen, die dafür zuständig sind, die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie das auch zeigen können.

Die Special Olympics haben all das, was die Olympischen Spiele verloren haben

Die Special Olympics tragen anscheinend all das in sich, was die Olympischen Spiele längst verloren haben, weil es nur noch um schneller, höher und weiter, große Verträge und die höchsten Einschaltquoten geht.

Allerdings ist so ein Konzept, wie das der Special Olympics, in der heutigen Welt wirklich noch umsetzbar? Oder ist das nur eine wunderschöne Erzählung im Vorfeld und während der Wettbewerbe ist dann doch wieder alles beim Alten?

Wir alle haben die Chance, das bei den World Games 2023 innerhalb der kommenden acht Tage hier in Berlin herauszufinden. Schauen Sie vorbei, in den Messehallen am Funkturm, im Olympiapark, bei den Wassersportarten in Grünau, am Wannsee, am Velodrom oder mitten in der Stadt beim Special Olympics Festival am Neptunbrunnen oder den Fahrrad-Wettbewerben rund ums Brandenburger Tor!

Sollten Sie es nicht schaffen, sind wir vom Tagesspiegel für Sie in der kommenden Woche vor Ort und berichten während der Spiele und werden am Ende ein Fazit ziehen, wie viel von der großen Erzählung um die Special Olympics übrig geblieben ist. Wir sind gespannt!

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