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Sport: Die Wahrheit hinter der Mauer

Im Manipulationsskandal gibt es weitere Spekulationen – auch Schiedsrichter Jansen gerät unter Druck

Berlin - Robert Hoyzer steht im Abseits. Als Fußball-Schiedsrichter kann er nicht arbeiten, nachdem er die Manipulation mehrerer Spiele gestanden hat. Auch als Zeuge ist Hoyzer zunächst nicht weiter gefragt. Die Berliner Staatsanwaltschaft, die gegen drei Verhaftete wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs ermittelt, befragt Hoyzer derzeit nicht. „Mein Mandant denkt nach“, sagt Hoyzers Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner knapp.

Am Dienstag wurden weitere Details des Schiedsrichter-Skandals deutlich. Viele mutmaßliche Erkenntnisse blieben allerdings weiterhin Spekulation. Erstmals geriet ein Bundesligaspiel unter Verdacht. Justizkreise bestätigten dem Tagesspiegel, dass der geständige Robert Hoyzer vor der Berliner Staatsanwaltschaft seinen Schiedsrichter-Kollegen Jürgen Jansen belastet haben soll, das Spiel zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem SC Freiburg am 27. November 2004 nicht korrekt geleitet zu haben. Das Spiel war 3:0 ausgegangen, zwei der Tore waren umstritten. Beide Male soll Jansen, der in einer Eidesstattlichen Versicherung alle Manipulationsvorwürfe bestritt, zuvor angebliche Fouls von FCK-Stürmern nicht geahndet haben. Nach Berichten von „Süddeutscher Zeitung“ und „Bild“ soll Jansen über einen Mittelsmann, den ehemaligen Fifa- Schiedsrichter Wieland Ziller, angeworben worden sein. Ziller wies die Vorwürfe zurück und stellte Strafanzeige gegen Hoyzer. In einer Eidesstattlichen Erklärung schrieb der Schiedsrichter-Betreuer von Dynamo Dresden: „Weder habe ich selbst noch durch Dritte Fußballspiele manipuliert, erst recht nicht Dritte zur Manipulation verleitet.“

Mit Eidesstattlichen Versicherungen (siehe Kasten) versuchten am Dienstag viele Verdächtigte, ihre Unschuld zu beteuern. Zuvor hatte „Bild“ neun Spieler, drei Schiedsrichter und einen Funktionär namentlich genannt, die durch Hoyzers Aussage belastet sein sollen. Von ihnen gaben inzwischen zwei Profis zu, Geld von unbekannten Dritten erhalten zu haben. Thijs Waterink vom SC Paderborn hatte eingeräumt, 10 000 Euro vor dem von Hoyzer manipulierten DFB-Pokalsieg gegen den Hamburger SV am 3. August 2004 erhalten zu haben. Nun gab auch der Profi des FSV Mainz 05 Ranislav Jovanovic zu, als Spieler von Dynamo Dresden nach dem 3:2 im Regionalligaspiel gegen Preußen Münster am 8. Juni 2003 einen Betrag von 15 000 Euro für die Mannschaft bekommen zu haben (siehe Artikel unten).

Ein Streit um die Wahrheit brach unterdessen zwischen den Anwälten der Beteiligten aus. Hoyzers Anwalt Holthoff- Pförtner spekulierte, die Anwälte der inhaftierten drei Kroaten um den Café-Besitzer Milan S. hätten die Namen in die Öffentlichkeit gegeben. Die Strafverteidiger der Inhaftierten wiesen das zurück und beschuldigten Holthoff-Pförtner. Allerdings könnte auch Hoyzer selbst die Namen weitergegeben haben. „Wir haben erst Samstagabend das teilweise geschwärzte Protokoll von Hoyzers Vernehmung erhalten“, sagte Anwalt Robert Unger. Er vertritt mit zwei anderen Anwälten die Verhafteten, also den Inhaber des Café King, Milan S., und zwei seiner Brüder. Sie wurden im Zuge einer Razzia der Polizei im Café King und weiteren Objekten in Berlin und Salzgitter festgenommen. Zudem wurden Wettscheine in Millionenhöhe sichergestellt. Die Recherchen der Staatanwaltschaft konzentrieren sich auf das Delikt Geldwäsche.

Im Bundesgebiet sollen Ermittlungen gegen 40 Wett-Betreiber und 300 Annahmestellen laufen. „Man muss daran denken, dass illegales Glücksspiel Folgekriminalität nach sich ziehen könnte“, sagte Anton Winkler von der Staatsanwaltschaft München dazu dem ZDF. Mögliche Folgekriminalität wie „Geldwäsche“ müsse „im Keim erstickt werden“. Von Razzien in Wettbüros oder Kneipen konnte aber weder die Polizei aus Berlin, Essen, Paderborn noch Cottbus berichten. „Hier ist nichts geschehen“, hieß es im Polizeipräsidium Dresden.

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