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Die Profiteure. Toni Kroos (links) und Thomas Müller präsentieren sich derzeit in sehr guter Form. Gegen Schalke bereitete Müller zunächst das 1:0 durch Kroos vor, ehe er später selber seinen vierten Saisontreffer erzielte. Foto: dpa

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Sport: Die wunderbare Welt der Bayern

Der Rekordmeister hat sein Spiel und seine Vorbereitung umgestellt – und enteilt so der Konkurrenz.

Es war nur eine kleine Geste. Matthias Sammer fasste sich unter sein Kinn und hob dadurch seinen Kopf. Der Hinweis des Sportdirektors des FC Bayern München galt Thomas Müller, der gerade einen Ball über seinen Fuß ins Seitenaus hatte rutschen lassen. Ein technischer Fehler, für den jeder Amateurspieler einen Lacher kassiert hätte. „Darüber hätten sie auch in der Kreisklasse geschimpft“, sagte der Angreifer des FC Bayern später.

Dass die Münchner keinen weiteren Spott ernteten, sondern vielmehr große Anerkennung an diesem Tag in der Arena des FC Schalke 04 erfuhren, dafür sorgte dann ausgerechnet jener Thomas Müller, der rund 50 Minuten lang den einen oder anderen Ballverlust produziert hatte. Sammers Hinweis von der Trainerbank, trotz dieses Ausrutschers das Selbstbewusstsein zu behalten, sollte Wirkung zeitigen. Müller bereitete das 1:0 durch Toni Kroos mit einem geschickten Pass vor und zeigte bei seinem Treffer zum hoch verdienten Endstand von 2:0 ein Kabinettstückchen, als er erst Christian Fuchs tunnelte und dann verwandelte. Jeder andere Spieler wäre wohl bereits an sich selbst verzweifelt oder ausgewechselt worden. Die große Qualität des Thomas Müller ist es allerdings, so lange weiterzumachen, bis es endlich klappt. „Gott sei Dank bin ich von Haus aus sehr klar im Kopf. Ich kann immer wieder von vorne beginnen“, sagte der 23-Jährige, der bereits seinen vierten Saisontreffer erzielte.

Die Bayern haben mit diesem Sieg ihren Vorsprung auf Meister Borussia Dortmund nach vier Spieltagen bereits auf fünf Punkte ausgebaut und der Konkurrenz ein deutliches Signal zukommen lassen: In dieser Saison geht die Titelvergabe nur über uns. „Man hat gesehen, was der FC Bayern für eine Klassemannschaft hat“, sagte Trainer Jupp Heynckes. Das Spiel des Rekordmeisters wirkt in diesen Tagen deutlich inspirierter und vor allem temporeicher als in den vergangenen beiden Jahren. Die Mannschaft scheint den ermüdenden Breitwandfußball der Vergangenheit abschütteln zu wollen, ohne allerdings auf Ballbesitz zu verzichten. Die Defensivspieler suchen schneller den Pass ins Mittelfeld, von dort wird der Ball recht zügig in die Spitze weitergeleitet. „Das ist ein Ertrag der harten Arbeit in der Vorbereitung. Wir versuchen, auf dem Platz besser organisiert zu sein. Bisher funktioniert das sehr gut“, sagte Müller.

Zudem spielt auch der Gegner wieder eine wichtigere Rolle bei der Vorbereitung auf eine Partie. Heynckes hatte seine Mannschaft optimal auf das Flügelspiel der Schalker eingestellt. Immer dann, wenn der Ball zu Jefferson Farfan oder Julian Draxler auf die Seiten kam, waren die Außenverteidiger Philipp Lahm und Holger Badstuber schon da und bearbeiteten ihre Widersacher erfolgreich. Die bisherige Bayern-Haltung, dass sich der Gegner immer und ausschließlich nach den Münchnern richten müsse, scheint aufgegeben zu sein. Die Münchner eilen derzeit der Konkurrenz davon, auch weil sie ihre Mannschaft personell verändert und verstärkt haben.

Gerade Thomas Müller, aber auch Toni Kroos präsentieren sich in bestechender Form. Der 40-Millionen-Euro- Mann Javier Martinez etwa hat zwar auf dem Fußballplatz noch keine weitreichenden Akzente gesetzt, doch gerade Toni Kroos fühlt sich offenbar durch die Verpflichtung unter Zugzwang gesetzt. Derzeit ist der 22-Jährige fast nicht wiederzuerkennen. Längere Auszeiten während eines Spiels, in der Vergangenheit eher die Regel denn die Ausnahme, sind in der laufenden Saison nicht mehr zu sehen. Der Trainer profitiert derzeit von der deutlich verschärften Konkurrenz im Team. „Da bist du immer unter Zugzwang. Das ist größtenteils motivierend, aber nicht immer leicht. Wenn du mal schwach spielst, ist immer gleich einer da, der für dich nachrückt“, beschrieb Thomas Müller die Situation. Die Bayern konnten Gelsenkirchen zufrieden verlassen, auch wenn Jupp Heynckes noch eine Warnung vor zu früher Zufriedenheit aussprach: „Eine Saison ist ein Marathon über 34 Spieltage.“

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