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Sport: Die zweite Chance

Der ehemalige Schwimmstar Michael Groß wird Geschäftsführer der Leipziger Olympiabewerbung

Berlin. Vor knapp zwei Jahren hat sich Michael Groß kritisch über die deutsche Olympiabewerbung geäußert. „Die Konkurrenz heißt Paris, Moskau, möglicherweise auch New York“, sagte der ehemalige Weltklasse-Schwimmer und Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) dem „Handelsblatt“. „Glauben wir denn allen Ernstes, dass man auf internationalem Level auf Leipzig oder Düsseldorf wartet?“ Auch sagte Groß damals: „Die Chancen, dass Olympia 2012 in Deutschland stattfindet, liegen vielleicht bei ein oder zwei Prozent.“

Wenn Michael Groß in den nächsten Tagen und Wochen erneut nach Leipzigs Chancen gefragt wird, dürfte der eine oder andere Prozentpunkt hinzukommen. Es würde sich nämlich nicht so gut anhören, wenn der neue erste Geschäftsführer der Leipzig 2012 GmbH von seiner neuen Aufgabe nicht viel halten würde. Wie die Deutsche Presseagentur am Montag erfuhr, wird Groß am 18. Oktober auf der Aufsichtsratssitzung der Leipziger Olympiabewerbungsgesellschaft in dieses Amt berufen werden. Offiziell bestätigen wollte dies beim NOK oder in Leipzig noch niemand. „Die Personalie wird am 18. Oktober zu entscheiden sein“, sagte Leipzigs Olympia-Beauftragter Burkhard Jung.

Allerdings hatte Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee am Samstag verkündet: „Wir sind uns über die Position des ersten Geschäftsführers einig geworden.“ Tiefensee sah sich zu dieser Ankündigung gezwungen, weil die Leipziger Bewerbung wegen der Vorwürfe gegen Dirk Thärichen, einen der beiden aktuellen Geschäftsführer, in die negativen Schlagzeilen geraten ist. Dieser diente einst im Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“. Thärichen kümmert sich bisher um Planungsfragen und interne Gesellschaftsaufgaben, der zweite Geschäftsführer Mike de Vries beschäftigt sich mit der Sponsorensuche. Ob dies so bleibt, wird auch auf der Aufsichtsratssitzung am 18. Oktober entschieden. Ein Sprecher des Innenministeriums hat sich bereits kritisch über Thärichen geäußert: „Wir sehen mit Sorge diese neuen Anschuldigungen.“

Michael Groß war am Montag zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen. Es wartet keine leichte Aufgabe auf ihn. Der 39-Jährige soll die Außendarstellung der Leipziger Bewerbung verbessern, die in den letzten Monaten immer wieder Pannen produzierte. Nun soll der promovierte Germanist das Gesicht der Leipziger Olympiabewerbung werden. Als dreimaliger Olympiasieger im Schwimmen soll er international um Sympathien werben. Zwischenzeitlich zählte auch die ehemalige Eiskunstläuferin Katarina Witt zu den Kandidaten für diese Aufgabe. Doch Michael Groß ist in Sachen Öffentlichkeitsarbeit erfahrener, er ist Geschäftsführer der Frankfurter Kommunikationsberatung C-Trust. Auch in der Sportpolitik ist der fünfmalige Weltmeister zu Hause. Das NOK-Mitglied und Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsche Sporthilfe engagierte sich im Vorfeld der deutschen Olympia-Abstimmung für mehrere Kandidatenstädte. Das war auch der Grund, warum sich Michael Groß bei der Wahl in München seiner Stimme enthielt. Nun aber wird er Partei für Leipzig ergreifen müssen.

Schon einmal hat sich der ehemalige Schwimmer, der als Schmetterlingsspezialist den Spitznamen „Albatros“ erhalten hatte, für eine deutsche Olympiabewerbung engagiert. 1992 war das, als sich Berlin um die Olympischen Spiele 2000 bewarb. Doch sein Engagement endete peinlich. In der Öffentlichkeit hatte es großes Aufsehen erregt, dass er als Koordinator der Olympiabotschafter 3000 Mark pro Tag erhielt. Der damalige Olympia-Geschäftsführer Axel Nawrocki sagte: „Das ursprüngliche Konzept der Olympiabotschafter, nämlich Sympathie und ein positives Image für die Bewerbung zu erzielen, war mit der Person Michael Groß nicht mehr zu erreichen.“ Nun bekommt er in Leipzig eine zweite Chance.

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