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Sport: Diesseits der Bande

Am Sonntagabend wurde es ein wenig später bei Uli Egen. Nicht in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg, sondern in Kreuzberg feierte der Trainer des Ost-Kultklubs EHC Eisbären den Erfolg bei den Capitals, dem Lokalrivalen aus dem Westen.

Am Sonntagabend wurde es ein wenig später bei Uli Egen. Nicht in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg, sondern in Kreuzberg feierte der Trainer des Ost-Kultklubs EHC Eisbären den Erfolg bei den Capitals, dem Lokalrivalen aus dem Westen. Alle Anspannung war großer Erleichterung gewichen. Ein paar Stunden hatte es mit der Stimmung des Allgäuers ganz anders ausgesehen. Kurz nach dem 4:0-Sieg im ersten in der Deutschlandhalle ausgetragenen Berliner Derby hatte Uli Egen ordentlich losgepoltert.

Im Vorfeld des Eishockeyspiels hatten einige Spieler und Verantwortliche der Capitals öffentlich an der Spielstärke der Eisbären gezweifelt und damit Egen verärgert. Der Trainer sah Arroganz auf der Seite des Gegners, der dann gedemütigt wurde. "Die Capitals sollten sich zuerst mal um sich selbst kümmern", sagte Egen, "wenn einem selbst das Wasser bis zum Hals steht, dann halte ich es nicht für angebracht, dass man andere kritisiert."

Die Gründe für Egens Gefühlsausbruch sind sicher auch in den eigenen Erfahrungen des Eisbären-Trainers während der vergangenen Wochen zu suchen. Nach einer Negativserie mit nur zwei Punkten aus acht Spielen wurde von einigen Eisbären-Fans offen die Ablösung des Trainers gefordert. Trotz allem hatte der Trainer immer wieder referiert, dass die Krise zu bewältigen sei, selbstverständlich mit ihm als Chef hinter der Bande. Im Gegensatz zu den Fans sahen die Verantwortlichen beim EHC dies auch nicht anders. An Diskussionen um den Trainer hatte sich niemand aus der Führungsetage beteiligt. "Uns war allen klar", sagt Egen, "dass wir die Situation meistern können, und schließlich haben wir sie gemeistert. Und am Sonntag haben wir auch noch gezeigt, dass wir in Berlin die klar bessere Mannschaft sind."

Bei den Capitals wollte nach dem Spiel niemand mit Egen darüber diskutieren. Die Spieler der Eisbären hatten auf dem Eis Überlegenheit demonstriert, ihre Anhänger hatten auf den Rängen lautstärker gefeiert als die Fans der Capitals. Gemeinerweise wiesen die Eisbären-Fans auf einem Transparent auch noch einmal darauf hin, dass sie es waren und nicht die Capitals, die im August mit einem Freundschaftsspiel die renovierte Deutschlandhalle eingeweiht hatten. Und nun gewinnen die Eisbären auch noch das erste Derby dort vor der Rekordkulisse von 7300 Zuschauern.

Gunnar Leidborg, der Trainer der Capitals, rang mit der Fassung. Ein Ausnahmezustand, sonst ist der kräftig gebaute Schwede die Ruhe selbst. "Meine Mannschaft hat doch alles versucht", sagte Leidborg. "Ich kann keinem Spieler einen Vorwurf machen. Wir können doch jetzt nach dieser Niederlage nicht sagen, dass für uns in den letzten Wochen alles schlecht war." Da ist Leidborg wohl nicht zu widersprechen, die Capitals haben sich trotz ungünstiger Vorgaben zu Saisonbeginn nach dem Theater um ihre Lizenz in den ersten 20 Spielen achtbar verkauft.

Nur wiegt eine 0:4-Niederlage im Lokalderby in eigener Halle für die Fans der Capitals zehnmal schwerer als eine Niederlage gegen Nürnberg oder Augsburg. Urlaub gibt es jetzt jedenfalls nicht, obwohl das nächste Spiel (gegen Nürnberg) erst am 13. November stattfindet. "Wir müssen trainieren", sagt der Schwede, "die Saison ist noch lang."

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