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Sport: Dimitar Berbatow, Unvollendeter

Wenn er den Ball eng von der Brust tropfen lässt, eine runde Drehung aus der Hüfte schwingt, den Torwart umtanzt, um dann den Ball in aller Seelenruhe neben das Tor zu schieben, dann ist das wieder ein Moment, in dem sich die Frage nach dem mentalen Aufenthaltsort von Dimitar Berbatow stellt. Wachrütteln möchte man ihn dann – und ganz fest an die eigene Brust drücken.

Wenn er den Ball eng von der Brust tropfen lässt, eine runde Drehung aus der Hüfte schwingt, den Torwart umtanzt, um dann den Ball in aller Seelenruhe neben das Tor zu schieben, dann ist das wieder ein Moment, in dem sich die Frage nach dem mentalen Aufenthaltsort von Dimitar Berbatow stellt. Wachrütteln möchte man ihn dann – und ganz fest an die eigene Brust drücken.

Ob es sich bei Berbatows romantischer Versonnenheit um eine Platzattitüde oder schlicht seinen Charakter handelt, ist schwer zu sagen. Jedenfalls lässt sein verlorener Blick Mädchenherzen höher schlagen und verführt selbst härteste Innenverteidiger zu Unaufmerksamkeiten. Immer wieder versteht es der Bulgare, sich davonzuschleichen. Berbatow liebt das körperlose Spiel, stößt gerne von den Strafraumecken ins Zentrum und meidet selbst beim Kopfballduell das gemeine Gezerre. Mit 1,88 Meter und 79 Kilo – die klassischen Van-Basten-Maße – verfügt er über einen idealen Stürmerkörper, und obwohl er keine ausgesprochenen Stärken besitzt, regt alles an seinem Spiel die Fantasie an. Stets weich in seinen Bewegungen und mit guten Kombinationsblick nährt die Leichtigkeit seiner Ballbehandlung noch beim größten Versagen den Gedanken, aus dem Jungen könnte mal ein ganz Großer werden.

Es gibt Spieler – und gar nicht so wenige –, die leben eine halbe Profikarriere von dieser Ausstrahlung, bis sie irgendwann mit 28 selbst begreifen, dass es in dieser Existenz nichts mehr wird mit der Weltklasse. Von dieser Einsicht ist Berbatow noch weit entfernt. Zudem verfügt er mit 23 Jahren bereits über eine internationale Erfahrung, von der die gleichaltrigen Sturmtalente aus Deutschland nur träumen dürfen.

Als Leverkusener in der Kunst knappen Scheiterns geübt, befindet sich Berbatow derzeit auf dem Sprung auf die nächste, letzte Qualitätsstufe. Seine Leistungen in der Nationalmannschaft weisen hier den Weg. Einmal im Trikot der Bulgaren schwitzend, trifft Berbatow in zwei von drei Spielen. Bedenkt man die kontinuierliche Leistungssteigerung in der Bundesliga, so kommt ihm ohne Zweifel die Rolle des entscheidenden Mannes zu. Und sollte die Vorrunde überstanden werden, ist euphorisierten Bulgaren – wie zu den großen Zeiten von Stoitchkow und Balakow – ab dem Viertelfinale bekanntlich alles zuzutrauen. Von dem einsamen Niveau dieser Namen allerdings ist Dimitar Berbatow – noch – ein legendäres Turnier weit entfernt.

Bis zur Fußball-EM stellen wir aus jeder Mannschaft einen Spieler vor, dem wir eine entscheidende Rolle zutrauen.

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