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Sport: „Doping kann depressiv machen“ Pharmakologe Fritz Sörgel über den Fall Marco Pantani

FRITZ SÖRGEL (53) ist Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg und gilt als Experte in Dopingfragen.Sörgel lehrt an der Uni Essen.

FRITZ SÖRGEL (53)

ist Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg und gilt als Experte in Dopingfragen.Sörgel lehrt an der Uni Essen.

Foto: R/D

Herr Sörgel, der Radprofi Marco Pantani litt unter massiven Depressionen. Er stand zudem seit langem unter Dopingverdacht. Ist es möglich, dass Depressionen die direkte Folge von Dopingmitteln sind?

Natürlich können gerade die anabolen Steroide auch zu Depressionen führen. Das gilt auch für andere Dopingmittel, die in irgendeiner Weise die Psyche beeinflussen. Es kommt nur darauf an, wie der Einzelne auf diese Mittel anspricht. Es gibt Fälle, in denen haben Dopingmittel sehr schwere Depressionen ausgelöst. Die Wirkung auf den Einzelnen ist schwer vorherzusagen.

Radsportler nehmen Aufputschmittel. Sie geraten dadurch in einen Zustand der Euphorie. Kann es sein, dass sie dann, quasi als massive Gegenreaktion, in tiefe Depressionen verfallen, wenn sie diese Mittel absetzen?

Sicher. Es ist bekannt, dass gerade Spitzensportler außerhalb der Hauptwettbewerbszeit und nach ihrem Karriereende in Depressionen verfallen und behandelt werden müssen. Man muss diese Sportler in diesen Phasen auch therapeutisch unterstützen. Dabei kann man durchaus Anti-Depressiva einsetzen. Die neuen Mittel sind ein sehr großer Fortschritt. Aber man muss unverändert davor warnen, dass Sportler ohne ärztliche Kontrolle wild Pharmaka schlucken.

Wie verhindert ein Sportler, der sich dopt, dass er in dieser Phase oder danach in Depressionen verfällt?

Das ist natürlich Angelegenheit eines Arztes, der in die Dopingpraxis eingeweiht sein muss. Sollte der Athlet allerdings selbst einem Mediziner verschweigen, was er schluckt, dann läuft er große Gefahr, dass er sich massiv schädigt. In Schweden gibt es übrigens für Sportler ein pharmakologisches Institut, das die Athleten anonym um Rat fragen können. Da erfahren sie die Wirkungen verschiedener Substanzen.

Vermutlich werden auch diverse Dopingsünder anfragen.

Davon kann man ausgehen. Die Institutsmitarbeiter haben die Sportler mal befragt, weil sie wissen wollten, wie die auf die Stoffe reagieren. Die Antworten auf den Einsatz von anabolen Steroiden: Sowohl Aggressionen als auch Depressionen wurden häufig und zu etwa gleichen Teilen genannt.

Pantani nahm Drogen, das hat er schriftlich eingestanden. Wie wirkt die Kombination Anti-Depressiva und Drogen?

Zunächst sind Drogen nichts anderes als pharmakologische Stoffe. Aber Kokain zum Beispiel wirkt sehr stark. Wenn einer Kokain schnupft und dann auch noch Anti-Depressiva schluckt, kann er sehr große Probleme bekommen. Das geht ganz stark aufs Herz. Aber so lange nicht klar ist, welche Drogen bei Marco Pantani im Spiel waren, sollte man nicht zu viel spekulieren.

Das Gespräch führte Frank Bachner.

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