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Tim Montgomery

© AFP

Leichtathletik: US-Dopingsystem auf der Anklagebank

Die USA sind eine Macht in der Leichtathletik. Das haben sie jüngst bei der WM in Osaka wieder bewiesen. Doch die Gerüchte über organisiertes Doping im US-Sport wollen nicht verstummen. Jetzt will der ehemalige Top-Trainer Trevor Graham auspacken.

Bei der Weltmeisterschaft in Osaka bestätigten die US-Leichtathleten mit 14 Titeln eindrucksvoll ihre Vormachtstellung, doch auf den goldenen Sommer könnte womöglich ein schwarzer Herbst folgen. Denn Trevor Graham, der wegen Falschaussage im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Dopingmitteln angeklagte ehemalige Trainer der Top-Sprinter Marion Jones und Tim Montgomery, will beweisen, dass amerikanische Olympia-Athleten immer noch mit leistungssteigernden Mitteln versorgt werden. Das kündigte Gail Shifman, eine von Grahams Verteidigern, in einem Artikel der New York Times an. Man werde darlegen, dass ein Hauptzeuge des Falles weiterhin illegale Mittel an Leichtathleten liefert, betonte Shifman.

Gemeint ist der in Texas lebende mexikanische Ernährungsberater Angel Guillermo Heredia, der nach eigenen Angaben von 1996 bis 2000 Steroide, menschliche Wachstumshormone und die leistungssteigernde Droge Epo auf Geheiß von Graham besorgt haben will. Dies hatte Heredia im Zuge des 2003 aufgedeckten Balco-Skandals vor einem Gericht ausgesagt. "Wir werden einen Fall nennen, der aufzeigt, dass Heredia immer noch Drogen vertreibt", kündigte Grahams Anwältin für den Prozess-Auftakt gegen ihren Mandanten am 25. November in San Francisco an. Somit könnten auch namhafte Athleten zu einer öffentlichen Aussage gedrängt werden. Und für manch einen dürfte dann eventuell sogar der Traum von Olympia in Peking platzen - knapp neun Monate vor Beginn des größten Sportereignisses der Welt.

Es ist jedoch auch möglich, dass die Verteidigung des umstrittenen Leichtathletik-Trainers mit ihrer Ansage das Interesse von dem 45-Jährigen ablenken will. Bereits am 17. August drängten seine Juristen auf eine Einstellung des Verfahrens und begründeten dies damit, dass Mitarbeiter des Justizministeriums der Presse im November 2006 geheime Informationen zugespielt hatten. So wusste die Öffentlichkeit bereits darüber Bescheid, dass Graham wegen Falschaussage angeklagt werden soll, bevor er überhaupt offiziell belastet wurde. Richterin Susan Illston lehnte die Forderung jedoch ab und übergab stattdessen der Verteidigung eine komplette Liste mit Zeugen, die aussagten, dass Graham ihnen geholfen habe, leistungssteigernde Mittel zu bekommen.

Kehrtwende des Skandal-Trainers

Der zwielichtige Coach hatte im Juni 2004 staatlichen Ermittlern gegenüber betont, dass er Heredia nie getroffen und auch nichts mit der Verteilung von illegalen Mitteln zu tun habe. Für seinen Prozess hat der Jamaikaner bereits angekündigt, sich nicht schuldig zu bekennen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 750.000 Dollar.

Trevor Graham hatte bereits vor vier Jahren für Schlagzeilen gesorgt, als er der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA eine anonyme Spritze mit Substanzen des bis dahin noch nicht nachweisbaren Dopingmittels THG zugeschickt hatte. Die Anklage hatte ihm daraufhin Immunität zugesagt. Diese gilt jedoch nicht für die Falschaussage. Bis zum 11. August 2006 wurden insgesamt elf von Grahams früheren Athleten des Dopings bezichtigt und einige, wie der frühere 100-Meter-Weltrekordler Tim Montgomery oder Kugelstoß-Weltmeister C. J. Hunter, auch überführt. Trotz seiner dubiosen Vergangenheit und der vielen Vorwürfe ist Graham immer noch aktiv. Derzeit coacht er Spitzenathleten in einem Trainingszentrum in North Carolina.

Heiko Oldörp[dpa]

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