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Telekom-Ausstieg im Radsport: ''Der Platzhirsch ist weg''

Die Doping-Problematik verprellt die Sponsoren im Profi-Sport. Bei der Telekom sieht man den eigenen Rückzug aber auch als Chance für einen Neuanfang beim bisherigen Team T-Mobile und im Radsport insgesamt.

Einen Tag nach dem Rückzug der Telekom als Sponsor aus dem Radsport und dem Ende des Team T-Mobile hat Kommunikations-Direktor Christian Frommert diesen Schritt verteidigt. Das Doping-Problem habe eine Dimension angenommen, der man sich nicht mehr verschließen könne. "Zuletzt wurde nicht mehr differenziert, es ging nur noch gegen den Konzern", sagte Frommert tagesspiegel.de mit Blick auf die Berichterstattung über eine Sportart, die durch die jüngsten Enthüllungen durch den Kronzeugen Patrik Sinkewitz enormen Schaden genommen habe. "Wir haben eine Verantwortung für die Marke", ergänzte Frommert, "die langsam angefangen hat, Schaden zu nehmen."

Für Stefan Althoff, Sponsoring-Leiter der Telekom, ist der Radsport fest im Griff der Doping-Thematik. "Wir sehen viele Anzeichen dafür, dass trotz gegenteiliger Beteuerungen und Unterschriften die Fahrer weiter dopen. Damit möchten wir aber nicht in Zusammenhang gebracht werden", sagte er gegenüber tagesspiegel.de. "Der Radsport ist im Keller, auch durch den kommenden Ausstieg von Sponsor Gerolsteiner hat er stark zu leiden", befand Frommert, der gleichzeitig durch den Ausstieg der Telekom eine "Chance für einen Neuanfang" sieht. Das künftige "High Road Team" unter der Leitung von Team-Manager Bob Stapleton könne unter neuem Namen und neuem Geldgeber einen "unbelasteten Neuanfang wagen", glaubt der Telekom-Kommunikations-Leiter.

Andere Sponsoren wittern ihre Chance

Zudem würden jetzt andere Teams, "die sich früher hinter Team T-Mobile versteckt haben", versuchen, die Lücke zu schließen, die das Magenta-Team gerissen habe, prophezeit Frommert. Für Althoff stehen nicht nur andere Teams in den Startlöchern sondern er glaubt, dass nun auch andere Sponsoren ihre Chance wittern. "Die Telekom hat den Radsport über Jahre dominiert, doch der Platzhirsch ist nun weg. Das könnte andere Geldgeber auf den Plan rufen, die eine schnelle Markenbekanntheit aufbauen wollen", so Althoff. Dabei denkt er nicht an weitere Dax-30-Unternehmen – Adidas stellte seine finanzielle Hinwendung ebenfalls ein – sondern eher an kleinere Firmen, die sich trotz des schlechten Images des Radsports nicht abschrecken ließen, als Sponsor tätig zu werden.

Gerolsteiner scheidet dabei schon mal aus, kündigte der Mineralwasser-Hersteller doch seinen Vertrag zum Ende der kommenden Saison mit dem vom ehemaligen Mathematiklehrer Hans-Michael Holczer geleiteten Team Gerolsteiner.

Bob Stapleton traut Althoff wie Frommert eine erfolgreiche Fortsetzung der Arbeit mit der Belegschaft des alten T-Mobile-Teams zu. "Ich gehe davon aus, dass Bob auf die Suche nach Sponsoren geht. Er hat exzellente Kontakte in die Wirtschaft – vor allem in Amerika", sagte der Sponsoring-Leiter. "Wenn ein Team die Vorreiterrolle im Kampf gegen Doping einnehmen kann, dann das Team von Bob", glaubt Althoff, "er ist prädestiniert dafür".

"Viele haben immer noch nicht kapiert, was die Stunde geschlagen hat"

Für einen echten Neuanfang im deutschen Radsport müsse sich laut Althoff aber vor allem die Geisteshaltung der Fahrer ändern. "Viele haben immer noch nicht kapiert, was die Stunde geschlagen hat. Ich habe den Eindruck, dass einige kein schlechtes Gewissen haben", kritisierte Althoff und führte indirekt das Beispiel von Patrik Sinkewitz an, der mit seinen Doping-Enthüllungen für Schlagzeilen gesorgt hatte. "Die denken, dass sie nach der Kronzeugenregelung mit einem Jahr Sperre davonkommen und fahren nach deren Ablauf weiter, als ob nichts gewesen wäre."

Damit der von Doping-Skandalen belastete Radsport einen Neustart in eine bessere Zukunft realisieren kann, müsse im Anti-Doping-Kampf "endlich eine klare Linie" gefunden werden, mahnte Frommert an. In diesen Zusammenhang wies Althoff auf die fortwährenden Streitigkeiten zwischen Verbänden und Radsport-Organisationen hin. Doping sei ein internationales Problem, daher müsse "an einem gemeinsamen Strang gezogen werden", so seine Forderung. "Wir in Deutschland können das Problem nicht isoliert lösen." Er interpretiert den Telekom-Ausstieg als Signal und Chance. "Die Verantwortlichen sollen ruhig sehen, was sie mit ihrem Verhalten anrichten", sagte der Sponsoring-Leiter, "vielleicht entsteht so ein Ruck".

Ende einer langen Erfolgs- und Leidensgeschichte

Der Rückzug der Telekom als Sponsor stellt für den deutschen Profi-Radsport einen schmerzlichen Einschnitt dar. Die Deutsche Telekom AG hat die Konsequenzen aus den jüngsten Doping-Enthüllungen von Patrik Sinkewitz gezogen. Mit dem Rückzug von T-Mobile, dem Inbegriff des deutschen Profi-Radsports um die ehemalige Galionsfigur Jan Ullrich, geht eine 16-jährige Erfolgs- und Leidensgeschichte mit zwei Tour-de-France-Siegen (neben Ullrich auch Bjarne Riis im Jahre 1996) und zahlreichen Doping-Fällen zu Ende.

Matthias Bossaller

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