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Rasmussen

© AFP

Tour de France: "Nur Fragen zum Sport"

Die Tour baut eine Mauer um das Thema Doping, doch das Thema ist omnipräsent. Der Zoll stoppte und durchsuchte Teamfahrzeuge von Rabobank, Discovery Channel und Astana.

Loudenvielle Es ist das geflügelte Wort der Tour de France 2007: "Nur Fragen zum Sport" wiederholen die Spitzenreiter wie bei einer Gebetsmühle nach jeder Etappe. Seitdem die Affäre um Michael Rasmussen zum beherrschenden Thema geworden ist, arbeiten immer mehr Radprofis und Teams an einer beredten Mauer des Schweigens rund um den Doping-Komplex. Ob Rasmussen als Träger des Gelben Trikots, sein als Hoffnungsträger gefeierter Rivale Alberto Contador oder Andreas Klödens Astana-Team: Wenn im Gespräch mit Journalisten das D-Wort fällt, kommen vor allem Ausflüchte, Ausreden oder eben die "Nur Sport"-Floskel.

Der wegen seiner dürren und blassen Gestalt als "Chicken" (Huhn) apostrophierte Rasmussen stellt vor jedem Gespräch klar: "Ich will mich auf das Rennen konzentrieren und kann mich jetzt nicht mit anderen Themen beschäftigen. Sonst werde ich verrückt". Auch Contador, Träger des Weißen Trikots als bester Nachwuchsfahrer, verweigert mittlerweile jede Auskunft. "Wenn die Etappe zu Ende ist, will man nur ausruhen und denkt nicht daran, was Rasmussen getan oder unterlassen hat", sagte der Spanier nach seinem Tour-Etappensieg seiner Karriere in der ersten Pyrenäen-Etappe in Plateu de Beille.

Auch Contador im Zwielicht

Der 24-Jährige stand ursprünglich nach der Suspendierung der letztjährigen Topfavoriten Jan Ullrich und Ivan Basso (Italien) Anfang Juli 2006 auf einer Liste von mutmaßlichen Kunden des spanischen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes. Doch danach wurde sein Name gestrichen, weil der Arzt aus Madrid den Fahrer entlastete. Am Sonntag lobte das spanische Fernsehen Contador als "unverbrauchten, frischen Sportler".

Gegen Rasmussen liegen wegen Verstoßes gegen die Meldepflicht des Aufenthaltsortes zwei Verwarnungen des Weltverbandes UCI sowie zwei Verweise des dänischen Verbandes vor. Nach den UCI-Statuten kommen drei Verwarnungen einem Doping-Vergehen gleich. Doch ob sich die Verweise addieren lassen - darüber sind sich die Tour-Verantwortlichen und die UCI nicht einig.

Rasmussens nichts sagende Worte

Außerdem wird Rasmussen mit einem Fall von Doping-Schmuggel in Verbindung gebracht. Der ehemalige Mountainbike-Amateur Whitney Richards hat berichtet, er habe 2002 einen Karton für Rasmussen nach Italien bringen sollen. In dem Paket waren aber nicht, wie von Rasmussen deklariert, Sportschuhe, sondern künstliches Hämoglobin, das auch für Blutdoping benutzt wird. Dazu hat Rasmussen bisher aber nur wenige, nichts sagende Worte übrig.

Die Erklärung von Tour-Chef Christian Prudhomme, gegen Rasmussen gebe es keinen konkreten Doping-Verdacht und somit keinen Grund, den Fahrer auszuschließen, stößt immer mehr auf Skepsis. Selbst "L'Equipe", das halboffizielle Organ der Tour de France, beobachtet mit Sorge die großen Chancen des 33-Jährigen aus dem niederländischen Team Rabobank, an diesem Sonntag als Sieger auf die Champs-Élysées zu fahren: "Der Fall Rasmussen hat ein tiefes Unbehagen ausgelöst", schrieb die Sportzeitung. "Der Däne wäre kein guter Sieger der Tour. Sein Name fügt sich in eine Liste von zwölf Trägern des Gelben Trikots, die seit 1996 unter Beobachtung standen". Für die Zeitung "Le Monde" hat sich "der Duft des Skandals" auf die Tour gelegt.

"Die Tour steckt in der Scheiße"

"Gegen Rasmussen liegt nichts vor, seine Leistungen sind fantastisch. Warum sollte er nicht die Tour gewinnen können?", fragte Rabobank-Teamchef Theo de Rooy. Nur wenige Fahrer machen ihrem Ärger noch Luft. "Die Tour steckt in der Scheiße", sagte der Schotte David Millar, der bis zum vergangenen Jahr eine zweijährige Doping-Sperre verbüßte und sich nun als engagierter Ankläger und praktizierender "Saubermann" gegen den Betrug gibt.

Zollbeamte haben unterdessen am Montag während der 15. Etappe der Tour mehrere Team-Fahrzeuge gestoppt und durchsucht. Auf der Autobahn 64 nahe der spanischen Grenze wurden die Beamten dabei beobachtet, wie sie Autos der Mannschaften Rabobank, Discovery Channel und Astana genauer unter die Lupe nahmen. Ein Kommentar war von offizieller Seite zunächst nicht zu bekommen. (mit dpa)

Esteban Engel, Andreas Zellmer[dpa]

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