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Telekom Sinkewitz Doping

© dpa

Zäsur im Radsport: Der Sponsor steigt ab

Die Telekom zieht ihre Konsequenzen aus den Dopingaffären und beendet ihr Engagement im deutschen Radsport. Das Team von Bob Stapleton will trotzdem weiterfahren.

Es wird keine Radrennfahrer mehr geben, die in magentafarbenen Trikots die Alpen bei der Tour de France hoch- und runterradeln und vielleicht am Ende jubelnd über die Ziellinie fahren. Es wird aber auch keine Radrennfahrer in magentafarbenen Trikots mehr geben, die beim Dopen erwischt werden. Die Deutsche Telekom AG hat gestern ihren Rückzug aus dem Radsport verkündet.

Damit endet eine der prominentesten und am Ende auch umstrittensten Sponsoring-Aktivitäten des deutschen Sports. Die Entscheidung wird daher auch Konsequenzen für den gesamten Radsport mit sich bringen. „Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, um uns und die Marke T-Mobile von den jüngsten Doping-Erkenntnissen im Sport und speziell im Radsport zu distanzieren“, sagte Hamid Akhavan, Telekom-Vorstand und Vorstandsvorsitzender von T-Mobile International. In den vergangenen Tagen hatte der Konzern daher mit dem Teamchef Bob Stapleton über die Auflösung des Vertrags verhandelt. Er hätte sonst bis zum 31. Dezember 2010 gegolten.

Ob sich die Telekom mit dem Sponsoring des Radsports einen Gefallen tut, weil sie sich zuletzt der Reinigung einer mit Betrug verschmutzen Sportart verschrieben hatte, oder doch eher Schaden zufügt, weil der Dopingsumpf so tief ist – diese Frage hat der Vorstand des Unternehmens nun beantwortet. „Wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber unserem Kerngeschäft und damit unseren Mitarbeitern, Kunden und Aktionären“, sagte Akhavan. Am Ende sah die Telekom offenbar nur noch die Beschädigung ihres Namens durch ständig neue Meldungen um Dopingpraktiken im Radsport insgesamt. Zumal in kaum einer Sportart Abschneiden und Sponsorenname so unmittelbar miteinander in Verbindung gebracht werden wie im Radsport.

1991 war die Telekom im Radsport eingestiegen, hatte das Team Stuttgart übernommen und ihm seinen Namen gegeben. Schon fünf Jahre später erreichte das Team den Gipfel des Radsports, als der Däne Bjarne Riis die Tour de France gewann. Ein Jahr später folgte ihm Jan Ullrich als erster deutscher Sieger der Tour. Doch beide waren eng ins Dopingsystem des Radsports eingebunden. Riis hat inzwischen die Verwendung des Blutdopingmittels Erythropoetin zugegeben. Ullrich schweigt zwar nach wie vor, jedoch wurden ihm Blutbeutel zugeordnet, die beim spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes gefunden worden waren.

Nach der Trennung von Jan Ullrich 2006 und zahlreichen Doping-Geständnissen von Radfahrern bekannte sich die Telekom im August dieses Jahres noch einmal zu ihrem Team T-Mobile. Doch nicht zuletzt die Enthüllungen des Profis Patrik Sinkewitz führten den Verantwortlichen noch einmal den Ausmaß des Betrugs vor Augen. Bis zu 15 Millionen Euro hatte sich die Telekom ihr Sponsoring kosten lassen, zuletzt waren es knapp 12 Millionen. Nur eine finanzielle Förderung will die Telekom fortsetzen: die des Anti-Doping-Kampfs in Deutschland. „Wir werden unseren Verpflichtungen im Anti-Doping-Kampf, dem wir eine nennenswerte Summe zur Verfügung stellen, unverändert nachkommen“, sagte Akhavan. So unterstützt die Telekom beispielsweise die Nationale Anti-Doping-Agentur mit einem jährlichen Betrag.

Das Ende der Zahlungen an das Radsportteam bedeutet allerdings nicht die Auflösung des Teams. Besitzer Bob Stapleton bemüht sich um eine Fortsetzung. Er besitzt eine Lizenz für die Pro Tour bis 2010. „Wir hoffen, dass die Mannschaft als unabhängige Einheit weiter arbeiten kann, um nicht nur die sportlichen Ziele zu erreichen, sondern auch weiter die Führungsrolle im Anti-Doping-Kampf einzunehmen“, sagte Stapleton. Und Teamsprecher Stefan Wagner erklärte: „Wir bemühen uns jetzt beim Radsportweltverband UCI um die Umbenennung.“

Die Konsequenzen für den deutschen Radsport dürften enorm sein, sie bedeute „für den Profiradsport in Deutschland einen äußerst ernsten Rückschlag“, sagte Rudolf Scharping, der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer. Die Telekom hat außerdem nicht nur ein Team unterstützte, sondern auch Veranstaltungen und den Breitensport. Ihr Fördergeld hatte zum Aufschwung des Radsports in Deutschland maßgeblich beigetragen. Jetzt stellt sich die Frage, ob ihr Ausstieg auch den Abschwung einleitet.

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