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Sport: Dortmunder Bauernopfer

Nur Kasparow fehlt beim Turnier der besten Schachspieler

Dortmund. Einen Eklat wie im März in Linares wird es bei den 31. Dortmunder Schachtagen wohl nicht geben. Damals in Spanien verließ Garry Kasparow, seit 20 Jahren die Nummer eins der Weltrangliste, vorzeitig und brüllend die Abschlussfeier, weil Journalisten seine Verlustpartie gegen den Jungstar Teimour Radjabow zur schönsten des Turniers gewählt hatten. Nach Dortmund wurde Kasparow nicht eingeladen. Radjabow hingegen, der wie Kasparow im aserbaidschanischen Baku aufwuchs, sitzt erstmals auf der Bühne des Stadttheaters.

Der 16-jährige Radjabow, einst jüngster Großmeister aller Zeiten, kündigte zu Turnierbeginn weitere Großtaten an. „Ich werde hier um den Sieg mitspielen“, hatte er gesagt. Am Donnerstag wollte er dann auch Weltmeister Wladimir Kramnik überrumpeln, mit einem bislang unbekannten Bauernopfer im Sweschnikow-System. Doch Wladimir Kramnik verteidigte sich mit tiefer Logik, setzte im 28. Zug den entscheidenden Konter und legte zumindest in dieser Partie einen Klassenunterschied offen (siehe Analyse). Am Freitagabend siegte Radjabow tatsächlich: gegen Viswanathan Anand aus Indien.

Drei der vier weltbesten Spieler gehören dem diesjährigen Großmeister-Sextett an: Kramnik, Anand und Peter Leko. Dazu kommen noch der Moldawier Viktor Bologan sowie die Teenager Radjabow und Arkadij Naiditsch. Innenminister Otto Schily, Schachfreund und Schirmherr der Veranstaltung, lobte die Organisatoren für ihren Mut, neben etablierten Schachgenies auch der Jugend eine Chance zu geben.

Für den Dortmunder Naiditsch, Deutschlands hoffnungsvollsten Nachwuchsspieler, scheint die Chance aber auch eine Belastung zu sein, das wurde bei seiner klaren Auftaktniederlage gegen Bologan deutlich. Hingegen stellt Peter Lekos Handverletzung für ihn offenbar kein besonderes Handicap dar. Beim Rasenmähen im heimischen Szeged hätte der WM-Herausforderer beinahe zwei Finger verloren. Anands Druckspiel überstand Leko indes gewohnt konzentriert und rettete sich in ein Remis.

Kramnik – Radjabow (Dortmund 2003): 1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 e5 (Das Sweschnikow-System ist nach wie vor in Mode. Schwarz nimmt eine defekte Bauernstruktur in Kauf, hofft aber auf freies Figurenspiel.) 6. Sdb5 d6 7. Lg5 a6 8. Sa3 b5 9. Lxf6 gxf6 10. Sd5 Lg7 (Am Nachbartisch spielte Leko gegen Anand das thematische 10...f5 sofort; Radjabow will zuerst den starken Springer d5 abtauschen.) 11. Ld3 Se7 12. Sxe7 Dxe7 13. c4 f5 14. 0–0 (Schwächer wäre 14.cxb5 d5! 15.exd5 e4.) 14... 0–0 15. Df3 d5!? (Ein zu Hause vorbereitetes Bauernopfer, das Weiß wegen der Gabeldrohung auf e4 annehmen muss.) 16. cxd5 f4 (Das war Radjabows Idee: Er hat nun, weil auf c4 kein weißer Bauer mehr steht, Ruhe am Damenflügel und plant einen Angriff entlang der halb offenen g-Linie. Kramnik vertiefte sich in die Stellung und entdeckte einen cleveren Weg, die passive Stellung seines Springers zu verbessern.) 17. Tfc1! (Der richtige Turm geht auf die offene Linie, gegebenenfalls kann der Läufer zum Schutz des Königs nach f1 zurückkehren.) 17... Kh8 18. Sc2! Ld7 19. Se1 Tg8 20. Le2! (Schnörkellos arbeitet Kramnik daran, seine Figuren zu aktivieren – und hat längst ein Damenopfer im Sinn. Oberflächliche Züge wie 20. Tc7 wären schwächer, z.B. 20... Lf6 21. h3 Dd6 22. Tac1 Ld8 23. T7c2 Dh6 24. Kf1 Lb6 nebst ...Tg5 und ...Tag8.) 20... Lf8 21. Sd3! (Das Wunschfeld. Radjabow könnte jetzt mit 21... Lg4?! die Dame abholen, aber das wäre ein schlechter Tausch, nach 22. Dxg4 Txg4 23. Lxg4 würde Weiß die Türme in der c-Linie verdoppeln und bald seinen d-Bauern vorschieben.) 21... Te8 22. Tc7 Dd8 23. Tac1 Tg6 24. Dh5 Ld6 25. Ta7 De7? (Stellt sich in eine Fesselung. Nur mit 25... Teg8 bestand noch Hoffnung, z.B. 26. Sxe5 Txg2+ 27. Kh1 Lxe5 28. Dxe5+ T2g7 29. Dxf4 Lh3 30. Lf3 Db6! 31. Txf7 Dg6.) 26. h3! f5 (Falls 26... Teg8, so 27. Lg4! Lxg4 28. Dxg6! Txg6 29. Txe7 Lxe7 30. hxg4 und gewinnt.) 27. exf5 Tf6 (Nicht 27... Tg5 28.Txd7!) 28. Sc5! (Welch große Karriere hat der einstige Randspringer gemacht!) 28... Tc8 (Oder 28... Lxc5 29. Txc5 Dxc5 30. Txd7 Te7 31. Td8+ Kg7 32.Dg5+.) 29. Txd7 Txc5 30. Txe7 Txc1+ 31. Kh2 (Schwarz gab angesichts 31... Lxe7 32. De8+ auf.). 1:0.

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