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Wie bei Olympia wurde vorher bei der WM immer mit Kopfschutz geboxt. Erst in Almaty war das bei der WM nicht mehr der Fall.

© dpa/picturealliance

Dr. Dollas Diagnose (130): Wie gefährlich ist Boxen?

In Almaty wurde erstmals seit 1986 bei einer WM wieder ohne Kopfschutz geboxt. Die Regeländerung hat gleichermaßen Kritik wie Lob hervorgerufen. Wie ist sie aus sportmedizinischer Sicht zu bewerten?

Beim Boxen kämpfen zwei Sportler bei bestehenden Regeln mit den Fäusten gegeneinander. Durch die Vorgabe von Regeln zählt der Boxsport grundsätzlich zu den sichersten Kampfsportarten der Welt. Trotzdem kann das Boxen schmerzhaft und gefährlich sein.

Wertvoll ist vor allem das Boxtraining, weil es sehr vielseitig ist. Das Training von Maximalkraft, Schnelligkeit, Ausdauer und koordinativen Fähigkeiten stehen dabei im Vordergrund. Das alles hilft, die Verletzungsgefahr zu minimieren.

Dass bei den Amateuren jetzt der Kopfschutz wieder fällt, wird natürlich besonders unter Berücksichtigung einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit kontrovers diskutiert. Während sich bisher der Amateurboxer vermeintlich auf seinen Kopfschutz verlassen konnte, muss jetzt auch die Verteidigungsstrategie vermehrt trainiert werden. Der Boxhelm war in gewisser Weise das Polster für eine bestimmte Risikobereitschaft.

Unbestritten ist, dass durch den Wegfall des Kopfschutzes sich die Sicht des Boxers verbessert. Schläge von der Seite (Cross) können früher gesehen werden. Untersuchungen zeigten, dass es nicht zu einem signifikanten erhöhten Auftreten von Cuts bei Boxern ohne Kopfschutz kommt. Das Gefährliche für das Gesichtsfeld sind ohnehin nicht die Schläge, sondern vielmehr unerlaubte Kopfstöße.

Aber auch ein Kopfschutz, der immer noch im Training getragen werden sollte, kann nicht verhindern, dass man am Kopf getroffen wird und es zu Verletzungen kommt. Die gehören quasi zum Boxen.

Im Laufe eines Boxerlebens kommt es zu wiederholten Erschütterungen des Gehirns. Es kann zur Bewusstlosigkeit beim Knockout und damit zur Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma, Concussion) kommen. Um die Gesundheit des Boxers zu schützen, werden regelmäßig ausführliche medizinische Untersuchungen durchgeführt und entsprechend dokumentiert.

Thorsten Dolla.
Thorsten Dolla.

© promo

Hat ein Boxer während eines Kampfes vermehrt Schläge gegen den Kopf bekommen, wird durch den Ringarzt entsprechend der medizinischen Richtlinien ein Boxverbot auf Zeit ausgesprochen. Dabei wird gewährleistet, dass sich das Gehirn wieder vollständig erholen kann. Untersuchungen haben allerdings auch gezeigt, dass wiederholte Schläge gegen den Kopf das Gehirn massiv schädigen kann. Auch deshalb führt der Weltbox-Verband Aiba jährlich Schulung der Ringärzte durch.

Grundsätzlich ist der Boxsport mit seinem vielfältigen Training ein gesunder Sport. Der Boxkampf selbst ist und bleibt gefährlich. Unter Berücksichtigung der Regeln werden die gesundheitlichen Risiken jedoch deutlich verringert.

Der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla, 50, ist seit vielen Jahren in der Sportmedizin tätig. Er war Mannschaftsarzt bei Hertha BSC, beim 1. FC Union, den Berlin Capitals und dem Footballteam Berlin Thunder. Beim ISTAF war er bis 2009 leitender Arzt und ist heute Ringarzt beim Boxen. Für Tagesspiegel.de schreibt er regelmäßig über Sportverletzungen und ihre Folgen. Alle Folgen können Sie hier nachlesen.

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