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Sport: Durch Zäsur zum Zenit

Der VfB Friedrichshafen ist vor dem Finale gegen die Berlin Volleys plötzlich wieder in Topform.

Berlin - Max Günthör gehört zu den Zeitgenossen, die man ganz selten schlecht gelaunt antrifft. Der baumlange Volleyballer vom VfB Friedrichshafen hat für sein Gegenüber immer ein freundliches Wort parat – so einer sagt nichts Böses über andere. Da macht der Nationalspieler auch keine Ausnahme, wenn es um den Mitspieler mit dem klingenden Namen Idner Faustino Lima Martins geht. Oder besser gesagt: den ehemaligen Mitspieler. Man solle den Aufschwung seines Teams doch bitte nicht so eng mit der Demission des Kollegen verknüpfen. Doch seitdem ist der Erfolg zurück beim einstigen Serienmeister, der nach der schlechtesten Hauptrunde seit Jahren in den Play-offs wieder glänzt und gegen die BR Volleys um den Titel spielt, am Sonntag in Berlin im ersten von maximal fünf Finalspielen.

„Wir waren im Dezember und Januar alle im Loch und wussten nicht, wo wir stehen“, sagt Günthör. Jahrelang wurde der brasilianische Publikumsliebling, den sie alle nur „Idi“ nennen, in Friedrichshafen gefeiert und verehrt – bis ihm die Macher zu Beginn des Jahres überraschend die Papiere aushändigten. Es war eine drastische Maßnahme. Es sei für ihn „in 40 Jahren als Trainer das erste Mal, dass so eine Entscheidung getroffen werden musste“, sagte Trainer Stelian Moculescu damals. „Er hat weit unter seiner Form gespielt“, sagt Manager Stefan Mau. Dazu kamen Idis offene kritische Worte selten gut an.

Die Trennung vom früheren Leistungsträger war jedenfalls eine Zäsur, die sich ausgezahlt hat. Denn seitdem spielt das Team vom Bodensee so, wie es sich Trainer und der Manager vorstellen, nahe am Zenit der eigenen Schaffenskraft. Manager Mau spricht von einem „wichtigen und richtigen Schritt“, das Team sei „ zur Ruhe gekommen und kann sich voll auf das Wesentliche konzentrieren“. In den Play-offs zeigt die Formkurve steil nach oben, was auch daran liegt, dass der Verein mit dem Bulgaren Walentin Bratoew einen Profi geholt hat, der über einen brachialen Sprungaufschlag verfügt. Mau spricht von einer Waffe, „die in unserem Spiel schon immer enorm wichtig war“.

Der Rekordmeister ist also wieder auf einem guten Weg, dem eigenen Selbstverständnis gerecht zu werden. Und das bedeutet in Friedrichshafen seit jeher, besser und erfolgreicher Volleyball zu spielen als die Konkurrenz. Insofern muss man sich weiterhin an den Umstand gewöhnen, dass sich mit den BR Volleys ein Konkurrent etabliert hat, der mit einem ähnlichen Credo ans Netz geht.

Wobei sich die Friedrichshafener in einer komfortablen Situation wähnen. Schließlich haben sie mit dem Sieg in den Play-off-Halbfinals gegen Haching ihr wichtigstes Ziel, sich die Startberechtigung für die Champions League zu erwerben, bereits erreicht. „Damit“, sagt Günthör, „haben wir uns den Druck von den Schultern gespielt.“ Das sieht auch der Manager so. Sein Klub könne entspannt in den Showdown gehen.

Es scheint, als habe man beim VfB zu einer Gelassenheit gefunden, die es früher nicht gab. Zumindest Mau genießt die neue Rolle, mal nicht die Bürde des Favoriten tragen zu müssen. Weil es bei Friedrichshafen zwischendurch ziemlich geholpert hat, darf der Manager süffisant verkünden, es sei doch „ganz schön, dass Berlin das mit diesem Druck jetzt auch mal erleben darf. Daran wachsen große Teams ja bekanntlich.“ Felix Meininghaus

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