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Sport: Ein Auftakt in Bronze

Der Kugelstoßer Ralf Bartels holt die erste Medaille für die deutsche Mannschaft – der Geher André Höhne wird Vierter

Bis zum letzten Versuch war Ralf Bartels ein unauffälliger Teilnehmer des Kugelstoßwettbewerbs bei der WM. Seine fünf Stöße waren ordentlich, aber nicht weit genug, um große Aufmerksamkeit zu erregen. Das Publikum im Olympiastadion von Helsinki johlte nur, wenn der extrovertierte USAmerikaner Adam Nelson zum Ring schritt oder einer der beiden finnischen Starter. Doch im letzten Versuch wuchtete sich Ralf Bartels selbst noch ins Rampenlicht und aufs Siegerpodest. Mit 20,99 Metern wurde der 27 Jahre alte Neubrandenburger Dritter. Den Wettbewerb gewann Nelson mit 21,73 Metern.

Zu den wenigen deutschen Medaillenkandidaten war Bartels vor der WM gezählt worden, schließlich hatte er in diesem Jahr eine neue persönliche Bestweite von 21,36 Metern erzielt. Mit 21 Metern, so viel war vorher klar, ist die Chance auf eine Medaille groß. Nur hielt sich Bartels ein wenig zurück. Zwischen dem Imponiergehabe seiner Konkurrenten wirkte er ein wenig verschüchtert, Lange lag er auf Rang sieben, dann schob er sich mit 20,77 Metern um zwei Plätze nach vorne. „Ich war in den ersten Versuchen sehr nervös“, sagte er. Auch nach seinem Versuch über 20,99 Meter wollte sich die Aufregung nicht legen, denn nach ihm kamen noch drei Athleten, und jeder hätte ihn von Platz drei verdrängen können. Aber Bartels behielt seinen Vorsprung.

Das Jahr hatte für Bartels gar nicht begonnen, als stehe ihm der bisher größte Erfolg seiner Laufbahn bevor. Er absolvierte einige Bundeswehrlehrgänge und konnte deshalb nicht so viel trainieren. In dieser Zeit habe er jedoch viel Neues ausprobieren können und sich zusätzliche Motivation geholt. Mit Mentaltraining hatte er seine Konzentrationsfähigkeit geschult. Das hat sich im letzten Versuch ausgezahlt.

Genau wie das Reisefieber oder das Arbeitsfieber, so sollte sich nach Eike Emrichs Wunsch ein angenehmes Virus in der deutschen Mannschaft ausbreiten. „Stimmungen sind ja hochinfektiös“, hatte der für den Leistungssport zuständige Vizepräsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes diagnostiziert. Ein Medaillengewinn am ersten Wettkampftag sollte die Kollegen aus anderen Disziplinen anstecken. Beinahe hätte es mit diesem Gewinn schon vor dem Kugelstoßen geklappt. Wie Bartels hatte auch André Höhne über 20 Kilometer Gehen das Feld von hinten aufgerollt und war überraschend Vierter geworden. Nach der Hälfte der Strecke lag der 27-Jährige auf Platz zwanzig. Fünf Kilometer später hatte er schon zehn Plätze aufgeholt. „Auf den letzten fünf Kilometern habe ich mir gesagt: alles oder nichts. Mit Platz zehn wollte ich mich nicht zufrieden geben“, sagte er. Er verbesserte seine persönliche Bestzeit gleich um 44 Sekunden. Am Höhepunkt der Saison in Bestform zu sein – das könnte auch Höhnes Kollegen aus den anderen Disziplinen so passen.

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