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Endlich erlöst. Eileen Hoffmann (l.) und Lydia Haase bejubeln den erlösenden Siegtreffer gegen die Spanierinnen. Foto: dapd

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Sport: Ein bisschen Spanien

Die deutschen Spielerinnen glauben an ihre Chance im heutigen Hockey-Finale gegen Holland

Mitte der zweiten Halbzeit passierte das, was nicht hätte passieren dürfen. Leichte Zweifel schlichen sich in die Köpfe der deutschen Hockeyspielerinnen. „Puh“, dachte Natascha Keller, „es wird ja wirklich eng.“ Das Halbfinale der Europameisterschaft hätte längst entschieden sein müssen, doch Spanien hielt immer noch das 1:1. Vier, fünf, sechs beste Chancen hatten die Deutschen in der ersten Hälfte ausgelassen, und auch nach der Pause spielten sie weiter dominant. „Louis van Gaal wäre stolz gewesen auf unseren Ballbesitz“, sagte Bundestrainer Michael Behrmann. Aber seine Mannschaft fand den Weg in den Kreis nicht mehr.

Die Spanier hatten die Deutschen jetzt genau da, wo sie sie haben wollten. Schon eine Viertelstunde vor Schluss begannen sie, auf Zeit zu spielen. Sich ins Penaltyschießen retten und dann auf ihre unglaubliche Torhüterin Maria Lopez de Eguilaz hoffen – so in etwa lautete ihr Plan. „Leichte Hektik kam auf“, berichtete Kapitänin Fanny Rinne. Auch dem Bundestrainer geisterte „ab und zu ein kleiner Gedanke durch den Kopf“, dass die Sache tatsächlich schief gehen könnte. Dann aber fand Eileen Hoffmann die völlig freistehende Natascha Keller im spanischen Kreis. Keller schoss – und traf eine Abwehrspielerin. „Das kann doch nicht wahr sein“, dachte die Berlinerin. Aber der Ball landete erneut auf ihrem Schläger, „jetzt muss er rein“, sagte sich Keller. Wucht paarte sich mit Wut, und als der Ball an das Brett klatschte, fiel die Rekordnationalspielerin auf den Boden und streckte alle viere von sich.

Erschöpfung, Erleichterung – es war ein bisschen von beidem, was die Deutschen nach dem 2:1 empfanden. Der Sieg bescherte ihnen die Qualifikation für Olympia und brachte sie ins EM-Finale gegen Titelverteidiger Holland (heute, 15 Uhr); doch kaum jemand hatte erwartet, dass die Spanierinnen sich als derart hartnäckig erweisen würden. Eine Woche zuvor hatten sich die Deutschen in einem Trainingsspiel noch mit 5:0 durchgesetzt, was also sollte ihnen im Halbfinale passieren?

Der Großteil der deutschen Mannschaft saß am Sonntag auf der Tribüne, als Spanien den großen Favoriten Holland 1:0 besiegte. „Das war wichtig für uns“, sagte Natascha Keller. Die Deutschen sahen, dass die Spanier sich „mit Händen und Füßen verteidigen“ und dass sie dazu noch eine fast unüberwindbare Torhüterin haben. Der Anschauungsunterricht könnte sich sogar als doppelt hilfreich erweisen. Zum einen wussten die Deutschen, dass Spanien sich nicht so ohne weiteres würde wegspielen lassen; zum anderen dürften sie mitbekommen haben, dass sie auch im Finale nicht ohne Chance sind. Fanny Rinne sah die Verzweiflung „in den Augen den Holländerinnen“, je länger sie gegen Spanien dem Rückstand hinterherliefen. Man kann sich also leicht ausmalen, welchen Plan die Deutschen gegen den Turnierfavoriten verfolgen werden: Sie werden versuchen, selbst ein bisschen Spanien zu sein.

Zum vierten Mal hintereinander steht die Nationalmannschaft in einem EM-Finale, und zum vierten Mal heißt der Gegner Holland. Zweimal siegte Holland, einmal, vor vier Jahren, Deutschland. Rinne sieht den Rekordeuropameister als Favorit. Aber Holland sei längst keine Übermannschaft mehr. „Sie sind eindeutig verwundbar“, sagt Deutschlands Kapitänin. „Wenn sie hinten liegen, werden sie sehr nervös.“ Gut zu wissen. Jetzt müssen die Deutschen nur noch in Führung gehen.

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