zum Hauptinhalt

Sport: Ein Eid auf die Unschuld

Herthas Spieler geraten unter Verdacht – der Klub stellt sich hinter sie

Berlin - So früh ist Alexander Madlung vermutlich noch nie zur Arbeit erschienen. Um 15.30 Uhr begann für die Fußballprofis von Hertha BSC gestern Nachmittag das Training für das Bundesligaheimspiel gegen den Tabellenführer Bayern München. Als um 14 Uhr die ersten Journalisten zum Olympiagelände kamen, saß Madlung, der Verteidiger von Hertha BSC, bereits in der Kabine. So hatte er unbeobachtet auf das Gelände kommen können und musste sich weder filmen noch unangenehme Fragen stellen lassen. Madlung ist einer von drei Berliner Profis, die einem Bericht des Magazins „Focus“ zufolge an den Wettmanipulationen beteiligt gewesen sein sollen, die im Zusammenhang mit dem Fall Hoyzer bekannt geworden sind. Einer der am Freitag im Charlottenburger Café King verhafteten Kroaten hat dem „Focus“ gesagt, Madlung und seine beiden Kollegen Josip Simunic und Nando Rafael der Manipulation seien Gäste des Lokals gewesen. Daraus folgerte „Focus“ in einer Meldung, die drei Hertha-Spieler seien in den Skandal verwickelt.

Am Nachmittag erklärt Herthas Manager Dieter Hoeneß in einer Pressekonferenz: „Keiner unserer Spieler steht im Zusammenhang mit den Wettmanipulationen.“ Bereits am Vormittag, direkt nachdem die Meldung über die Nachrichtenagenturen verbreitet worden war, hatte sich Hoeneß direkt bei „Focus“ erkundigt, welche Belege das Magazin habe. Hoeneß droht dem Magazin mit rechtlichen Schritten. Gleichzeitig sagt ein hoher Vereinsfunktionär dem „Tagesspiegel am Sonntag“: „Wir können hundertprozentig ausschließen, dass einer unserer Spieler in den Skandal verwickelt ist.“ Simunic, Rafael und Madlung gaben kurz vor der Trainingseinheit im Beisein ihrer Anwälte eine eidesstattliche Versicherung ab, nichts mit dem Wettskandal zu tun zu haben. Hoeneß kündigte zudem an, die Spieler und der Verein würden sich gegen die verleumderische Berichterstattung zur Wehr setzen. Laut Herthas Manager hatte ein Radiosender aus Hannover sogar gemeldet, Simunic, Madlung und Rafael seien verhaftet worden.

Die Spieler selbst äußerten sich gestern nicht zu den Vorwürfen. Das Vereinsgelände war am Mittag abgesperrt worden. Zusätzliche Ordner riegelten den Trainingsplatz ab. 50 Journalisten und acht Kamerateams warteten vergeblich. „Wir hatten uns eigentlich auf das Spiel gefreut“, sagte Hoeneß.

Die Vorwürfe gegen die Hertha-Profis beziehen sich auf das Zweitrundenspiel des DFB-Pokals am 22. September des vergangenen Jahres. Hertha unterlag damals dem Regionalligisten Eintracht Braunschweig mit 2:3. „Kein Spieler von Hertha BSC hat auf den Ausgang dieses Spiels gewettet“, sagte Hoeneß. Simunic und Rafael standen damals in der Anfangself, Madlung wurde in der 76. Minute für Rafael eingewechselt. Vier Minuten später erzielte der gebürtige Braunschweiger Madlung per Eigentor das 3:2 für die Eintracht. „Ich wollte den Ball zum Torwart zurückköpfen“, hat Madlung damals gesagt. Für Manager Hoeneß war der Verteidiger einfach nur die „arme Sau“. Die Fehler seien vorher gemacht worden.

Hoeneß berichtete gestern, Madlung und Simunic hätten sich in der Tat bis vor anderthalb Jahren sporadisch im Café King aufgehalten, sie hätten jedoch keinen intensiven Kontakt zum Besitzer und Geschäftsführer des Lokals gehabt. Auf dessen Internetseite gibt es ein Foto, das Simunic im Café King zeigt. Es stammt jedoch aus dem Jahr 2002. Manager Hoeneß erklärte gestern, Rafael könne sich nicht daran erinnern, überhaupt einmal im Café King gewesen zu sein.

„Der Besuch eines Cafés macht nicht verdächtig“, sagte Hoeneß. Zumal das Lokal offensichtlich ein beliebter Treffpunkt Berliner Sportler ist. Am 1. Mai vergangenen Jahres sollte sich auch die Schiedsrichtergruppe von Hertha BSC im Café King treffen. Als rund 40 Leute jedoch morgens um zehn Uhr davor standen, stellte sich heraus, dass der Raum zu klein war. Die Schiedsrichter gingen daraufhin in das Lokal nebenan. Pikant ist jedoch die Einladung: Die stammt vom inzwischen verhafteten Geschäftsführer Tomislav C., sagen Teilnehmer der damaligen Runde – und Tomislav C. ist Schiedsrichter bei Hertha BSC.

Für das traditionelle Schiedsrichter- Fußballturnier, das gestern in der Charlottenburger Sömmeringhalle ausgetragen wurde, hatte das Café King in dem kleinen Programmheft eine große Anzeige geschaltet. „Mir wäre wohler, wäre die Anzeige heute nicht da drin“, sagte der Präsident des Berliner Fußball-Verbandes, Bernd Schultz. Das Heft war jedoch schon im Dezember gedruckt worden.

Alle drei Hertha-Spieler, die gestern beschuldigt wurden, sollen heute gegen die Bayern spielen, sagte Manager Hoeneß, „es sei denn, sie sagen: dass sie der Belastung nicht gewachsen sind“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false