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Bruder-Zange. Ronny (links) und Raffael spielten Bielefeld schwindelig. Ronny erzielte sogar sein erstes Pflichtspieltor für Hertha. Foto: dpa

© dpa

Sport: Ein fast perfektes Spiel

Tabellenführer Hertha BSC dominiert beim 3:1 den Tabellenletzten Arminia Bielefeld nach Belieben

Zum Ausklang spielte die Stadionregie auf der Alm „Bitter Sweet Symphony“. Traurige Klänge, die sich bestens fügten in die Seelenlage der heimischen Arminia, und es wirkte schon ein bisschen pietätlos, wie zwei Berliner Brasilianer lachend vor den Fernsehkameras und den mitgereisten Fans posierten. Es war ein schöner Tag für Hertha BSC und ein großer für die Familie Araujo, repräsentiert von den fußballspielenden Söhnen Raffael und Ronny. Die beiden Brüder verdingten sich erstmals gemeinsam als Torschützen für den Berliner Zweitligisten und legten damit die Basis für Herthas nie gefährdeten 3:1 (2:0)-Sieg bei Arminia Bielefeld. Mit den drei ohnehin fest eingeplanten Punkten beim Tabellenletzten bauten die Berliner ihre Spitzenposition in der Zweiten Liga noch ein wenig weiter aus.

„Das war schon fast ein perfektes Spiel“, sagte Raffael. Das Wörtchen „fast“ bezog sich im Allgemeinen auf das späte Gegentor und für ihn im Besonderen auf den kurz vor Schluss erlittenen Tritt. Raffael humpelte zum Mannschaftsbus und freute sich doch über die gemeinsame Torschusspremiere mit Ronny, „so etwas ist uns nicht mal früher in Brasilien gelungen“.

Da am Wochenende mal wieder die gesamte Konkurrenz für Hertha spielte, dürfte Markus Babbel dem Berliner Derby am kommenden Samstag gegen den 1. FC Union reichlich entspannt entgegenblicken. „Wenn ich der Mannschaft einen Vorwurf machen kann, dann den, dass sie hier nicht noch paar Tore mehr geschossen hat“, sagte der Berliner Trainer. Noch nie in dieser Saison ist Hertha dem Ruf als FC Bayern der Zweiten Liga so nahegekommen wie am Sonntag vor 20 017 Zuschauern auf der Bielefelder Alm. Sogar die roten Auswärtstrikots schienen ein wenig heller zu leuchten, so souverän beherrschten die Berliner ihren Gegner, ließen ihn zappeln, laufen, schwitzen, nur nicht hoffen.

Andre Mijatovic hat später erzählt, er habe sich das alles ein wenig schwieriger vorgestellt. Im vergangenen Sommer war der lange Innenverteidiger aus Bielefeld nach Berlin gewechselt. Nach abgesessener Sperre für seine Rote Karte im letzten Vorrundenspiel in Augsburg gab der Kroate gestern sein Debüt im Kalenderjahr 2011 und verantwortete wieder Seite an Seite mit Roman Hubnik die Innenverteidigung. Es wurde ein kalter Nachmittag für den Kroaten, dessen Abwehrkunst nie zur Anwendung kommen musste, denn dafür waren die Bielefelder einfach zu unbedarft, zu harmlos, zu schlecht. „Ich hatte schon ein bisschen mehr von Bielefeld erwartet“, sagte Mijatovic.

In dieser Verfassung ist die Arminia, ihrem Tabellenplatz angemessen, Abstiegskandidat Nummer eins. Torgefährlich waren die Bielefelder nur im eigenen Strafraum. Schon nach ein paar Minuten hätte Sandro Kaiser beinahe ein Eigentor geschossen, dann hatte Torhüter Dennis Eilhoff Glück, dass Schiedsrichter Hartmann nach seinem Foul an Adrian Ramos das Spiel nach einer nur ihm geläufigen Variante der Vorteilsregel weiterlaufen ließ.

Das war nach 17 Minuten, aber im nächsten Angriff nahmen die Herthaner die Sache schließlich selbst in die Hand. Fabian Lustenberger spielte steil auf Friend, der mit dem Rücken zum Tor stand, den Ball aber direkt und gedankenschnell in den Lauf von Ronny spielte. Der jüngere der beiden Araujo-Brüder (24) lief noch ein paar Meter und schob den Ball aus spitzem Winkel zum 1:0 ins Tor. Es war sein erstes Tor in einem Pflichtspiel für Hertha, erzielt mit seinem schwächeren rechten Fuß.

Im Gegenzug vergab Dario Vidosic die einzige halbwegs nennenswerte Bielefelder Torchance der ersten Halbzeit. Hertha spielte leicht und locker weiter nach vorn, immer wieder inspiriert von Bielefelder Fehlpässen. Raffael drosch erst nach schöner Ablage von Friend über das Tor. Beim zweiten Versuch kurz vor der Pause hatte Ronnys großer Bruder (25) mehr Erfolg. Eigentlich hatte Adrian Ramos schießen wollen, aber dem Kolumbianer sprang der Ball auf dem holprigen Rasen über den Fuß. Raffael setzte nach und traf mit links von der Strafraumgrenze in die rechte Ecke.

Es hätte böse enden können für die Arminia, wäre Hertha etwas sorgsamer umgegangen mit den sich bietenden Konterchancen. Die beiden besten verschusselte Nikita Rukavytsya, Christian Lell spielte einmal überhastet in die Mitte und Rob Friend ebenso. So viel Berliner Generosität verleitete auch die Arminia zu ein, zwei Chancen, sie wurden mit standesgemäßer Souveränität vergeben.

Wenn noch ein Hauch von irrationaler Hoffnung über die Alm wehte, so war es damit nach 76 Minuten vorbei. Friends Pass rollte in Richtung des im Abseits stehenden Waleri Domowtschiski, aber der eingewechselte Bulgare ließ den Ball passieren zu Raffael, der auch noch Torhüter Eilhoff umkurvte und zum 3:0 traf. Dass Josip Tadic fünf Minuten vor Schluss gegen die viel zu weit aufgerückte Berliner Abwehr auch ein Tor für die Arminia schoss, war in erster Linie eine ärgerliche Randnotiz für Maikel Aerts. Der Berliner Torhüter wartet im neuen Jahr immer noch auf sein erstes Spiel ohne Gegentor. Zu Ehren des kahlköpfigen Holländers sangen die Bielefelder Fans noch eine andere, ebenfalls bittersüße Symphonie: „Du hast die Haare schön!“

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