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Sport: Ein Fehler, fünf Siege

Isabell Werth gewinnt den Großen Preis von Aachen

Jeff Jansen stand am Rande des Vierecks, als Gattin Anky van Grunsven am Sonntagmittag die Kür ritt, aber Jansen sah nicht besonders zufrieden aus. Er trägt eine dieser riesigen Sonnenbrillen, wie sie im Moment jeder trägt, und in denen man wenigstens noch Suppe servieren kann, wenn sie mal wieder aus der Mode sind, aber man konnte trotzdem erkennen, dass er irgendwie verstimmt war.

Anky van Grunsven und Salinero wurden mit 81,45 Prozent auch im Großen Preis von Aachen nur Zweite, wieder war Isabell Werth deutlich besser (82,35 Prozent), obwohl ihr Wallach Satchmo in der Zickzack-Traversade einen kleinen Wackler hatte – der einzige Fehler. Werth hatte den höchst möglichen Schwierigkeitsgrad und damit das größte Risiko gewählt, aber am Ende stand selbst ein ergriffener ARD-Kommentator Carsten Sostmeier in seiner Kommentatorenbox auf und applaudierte. Werth hat alle fünf großen Dressurprüfungen an den sechs Tagen des Aachener CHIO gewonnen, die Gesamtzahl ihrer Siege macht sie bereits mit 37 Jahren zur erfolgreichsten Dressurreiterin aller Zeiten. Sie selbst sagte nach der Kür: „Doch, das war ganz in Ordnung.“ Und lachte.

Der Mann der Woche ist aber Springreiter Marcus Ehning. Er ist ganz gut geritten und hatte bis Sonntag auch ein Springen gewonnen, aber das war es gar nicht. Am Samstag ist Ehning vom Publikum gefeiert worden, als sei er gerade Weltmeister geworden, obwohl sein Pferd nicht einmal gut geritten ist, eigentlich ist es gar nicht geritten. Sein Hengst For Germany verweigerte sich im Preis des Dubai Equestrian Club, einer Prüfung mit Pferdewechsel wie im WM-Finale, den übrigen drei Reitern, die disqualifiziert wurden, weil For Germany einfach stehen blieb und nicht zum Weitergalloppieren geschweige denn zum Springen zu bewegen war. For Germany hatte einfach keine Lust. Um keinen Vorteil daraus zu ziehen, gab Ehning auf dem Pferd von Rodrigo Pessoa vor dem letzten Sprung einfach auf, freiwillig, und sorgte so wieder für Chancengleichheit. Am Ende gewann Jos Lansink im Stechen gegen Rodrigo Pessoa, Ehning wurde Dritter, aber man muss lange überlegen, wann ein Sportler sich zuletzt ähnlich fair gezeigt hat. Das Publikum in Aachen wird das nicht vergessen, weshalb sich Ehning einer herzlichen Begrüßung sicher sein darf, wann immer er künftig ins Aachener Stadion einreiten wird.

War Ehning der moralische Sieger, so war Bezzie Madden am Ende die tatsächliche Siegerin der Springreiter: Als sie den Triumph im Großen Preis von Aachen feierte, konnten die deutschen Springreiter nur applaudierend zuschauen. Mit ihrem Pferd Authentic gewann die 43 Jahre alte US-Amerikanerin im Stechen und verwies Roger-Yves Bost (Frankreich) mit Ideal und Christian Ahlmann (Marl) mit Cöster auf die Plätze zwei und drei.

Marlon Gego[Aachen]

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