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Noch nichts verraten. Entscheidet der Bundesgerichtshof heute für Pechstein, kann sie sich noch Hoffnungen auf einen Schadensersatz in Millionenhöhe machen.

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Update

Eisläuferin Claudia Pechstein am BGH: Ein Grundsatzurteil könnte gefällt werden

Der Bundesgerichtshof wird erst am 7. Juni ein Urteil im Fall Claudia Pechstein verkünden. Ein Experte sieht die größeren Argumente auf Seiten von Pechstein.

Jetzt ist Claudia Pechstein bei ihrem Kampf oben angekommen. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe verhandelte an diesem Dienstag ihren Fall und gab bekannt, dass noch keine Entscheidung zur Revision des Eislauf-Weltverbandes ISU gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München in der Schadenersatzklage von Pechstein gefallen sei.

Wie Richterin und BGH-Präsidentin Bettina Limperg nach mehr als zweistündiger Verhandlung vor dem Kartellsenat mitteilte, werde das Urteil am 7. Juni (09.00 Uhr) verkündet. Er wird dann vielleicht ein wegweisendes Urteil fällen. „Der Senat hat noch gar nichts rausgelassen, wohin er tendiert“, sagte Prozessbeoachter und Sportrechtler Michael Lehner. Es gebe weiter die Hoffnung, dass es eine große Entscheidung für die Sportgerichtsbarkeit gebe. Es habe die „größeren Argumente“ für die Pechstein-Seite gegeben, fügte Lehner hinzu.

Für die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin stehen dabei nicht weniger als ein paar Millionen Euro auf dem Spiel. Und für andere Sportler könnte sich auch noch einiges verändern.

Der Bundesgerichtshof muss entscheiden, ob ein ordentliches Gericht in Deutschland Pechsteins Klage verhandeln darf. Denn eigentlich haben Sportler eine Schiedsgerichtsvereinbarung unterzeichnet, die ihnen diesen Weg abschneidet. Alles soll schön innerhalb des Sports geregelt werden. Mit dem Cas, dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne, als höchster Instanz. Nur hat der Cas einige Mängel. „Der Cas steht unter dem Einfluss der Verbände. Er ist eben ein Verbandsschiedsgericht. Und das widerspricht dem Wesen eines Schiedsgerichts, das ja gerade neutral sein sollte“, sagt Pechsteins Rechtsanwalt Simon Bergmann.

Es gibt beim Cas eine geschlossene Liste von Schiedsrichtern, die Öffentlichkeit ist nicht zugelassen, und wenn eine Sportlerin wie Claudia Pechstein einmal gegen einen Verband klagt wie in der Auseinandersetzung mit dem Internationalen Eislauf-Verband (ISU) um ihre Dopingsperre geschehen, muss sie daher ein paar Nachteile fürchten.

Das bewertet auch das Oberlandesgericht München so und kritisiert die Schiedsvereinbarung im Sport. Die ISU hat aber Revision gegen dieses Urteil eingelegt. Deshalb sieht man sich heute vor dem Bundesgerichtshof wieder. Pechsteins Anwalt ist vorsichtig optimistisch: „Noch nie war der Zeitpunkt für ein solches Verfahren so günstig.“

Autorität der Sportverbände erschüttert

Es ist schließlich in den vergangenen Wochen und Monaten genug passiert, was die Autorität der Sportverbände erschüttert hat. Im Internationalen Leichtathletik-Verband konnte man sich beim Präsidenten höchstpersönlich nach einer positiven Dopingprobe freikaufen, es gab weitere Korruptionsfälle in der Leichtathletik und um die Verfehlungen innerhalb der Fifa aufzuzählen, braucht man inzwischen schon Bücher. Wieso da also den Sportverbänden erlauben, die Athleten einer eigenen Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, die eindeutig Verbesserungsbedarf besitzt? Veränderungen hat auch der Deutsche Olympische Sportbund eingefordert, unter anderem die Öffnung der Cas-Verhandlungen für die Öffentlichkeit und die Möglichkeit für Athleten, auch Schiedsrichter zu nominieren, die nicht auf der Liste stehen.

Es wird also sehr grundsätzlich werden am 7. Juni. „Wenn wir gewinnen sollten, wäre das nicht das Ende des Cas, aber der Cas muss auf rechtsstaatliche Füße gestellt werden“, sagt Anwalt Bergmann. Aber erst bei einem Urteil des Bundesgerichtshof in Pechsteins Sinne kann die Eisschnellläuferin noch auf eine finanzielle Entschädigung hoffen. Sie fordert von der ISU 4,4 Millionen Schadenersatz dafür, dass sie durch die Dopingsperre zwei Jahre ihren Beruf nicht ausüben konnte, dass ihr Preisgelder und Sponsoreneinnahmen entgangen sind und sie auch noch ertragen musste, in der Öffentlichkeit als Doperin abgestempelt zu werden.

Die ISU hatte Pechsteins schwankende Blutwerte als Doping interpretiert. Inzwischen herrscht unter renommierten Hämatologen jedoch Einigkeit darüber, dass eine vererbte Anomalie Pechsteins Blutwerte zum Schwanken gebracht hat. „Wenn der Bundesgerichtshof uns Recht gibt, eröffnet uns das die Möglichkeit, den Fall noch einmal neu zu verhandeln“, sagt Simon Bergmann. Mit der Ausgleichszahlung von der ISU als finalem Ziel. Darüber würde dann wahrscheinlich vor dem Oberlandesgericht München weiterverhandelt.

Was auf dem Spiel steht und welche Relevanz besitzt, scheint der Bundesgerichtshof nicht zu unterschätzen. Er hatte für die Verhandlung am Dienstag seinen größten Saal reserviert mit viel Platz für die Öffentlichkeit.

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