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Sport: Ein gutes Stück unterm Gipfel

Timo Boll ist ein bisschen tischtennismüde und will nach seinem dritten Platz beim World Cup in Magdeburg erst einmal abschalten

Timo Boll braucht für ein paar Tage mal einen anderen Ball am Schläger, auch einen weißen und nur wenige Millimeter größer als der im Tischtennis, aber schwerer und härter. Nach einem anstrengenden Jahr ist der Weltranglistenzweite ein bisschen tischtennismüde, in Spanien wird er daher in den nächsten Tagen Golf spielen. Den Kopf freischlagen will er sich. „Ich bin im Moment einfach nur platt“, sagte er, nachdem er beim World Cup im Halbfinale von Weltmeister Wang Hao aus China „eine konsequente Rückmeldung bekommen habe, wo ich stehe“: nicht gerade auf dem Gipfel seines Leistungsvermögens. Boll unterlag dem späteren Turniersieger 1:4, und in der Magdeburger Bördelandhalle konnten 4200 Zuschauer einen deutlichen Niveauunterschied zwischen den beiden sehen. „Wang Hao war einfach nicht zu knacken“, sagte Boll.

Eine besondere Tischtennisgeschichte ist nicht fortgesetzt worden. Denn es war gerade der World Cup, bei dem sich Timo Boll zum Angstgegner der Chinesen hochgespielt hatte. Beim World Cup spielen die 15 Besten der Weltranglisten mit, dazu noch die Kontinentalmeister, der Sieger erhält für Tischtennisverhältnisse beachtliche 45 000 Dollar. Bolls Erfolg beim World Cup begann 2002 in China, in Jinan, als er zwei der besten Chinesen bezwang und das Turnier gewann. Es war die Voraussetzung dafür, dass Boll im Januar 2003 als erster Deutscher die Spitzenposition der Weltrangliste erklomm. Der chinesische Cheftrainer Cai Zhenhua adelte Boll zum „Schlüsselspieler“ für die Chinesen, und im nationalen Trainingszentrum von Peking imitierten Chinesen Bolls Spielweise, um ihre Landsleute besser auf ihn vorzubereiten.

2005 dann, in Lüttich, legte Boll beim World Cup eine hübsche Siegesreihe nach und schlug vom Viertelfinale bis zum Finale drei Chinesen hintereinander. Im Finale damals Wang Hao. Doch seitdem ist einiges passiert. Vor allem haben die Chinesen sich und ihr Spiel weiterentwickelt, und wohin das geführt hat, war unter anderem in Bolls Halbfinalspiel gegen Wang Hao zu sehen. Die Überraschungen gelangen Wang Hao, nicht Boll. Der Chinese spielte Boll ein ums andere Mal aus. Wenn Boll dann doch einmal den Ballwechsel mit einem Angriffsschlag eröffnete, geriet er ihm oft zu harmlos und wurde zur Beute für Wang Haos wuchtige Topspins. „Es geht alles sehr schnell bei ihm“, sagte Boll, „wenn er mit der Vorhand an den Ball kommt, habe ich meistens mit dem Punkt nichts mehr zu tun.“

Boll fing früh zu hadern an, seine Körpersprache, ohnehin nicht die optimistischste, erzählte von Resignation. Im letzten Satz ging er dann mit 3:11 ein. Das Spiel um Platz drei wurde das Duell der Frustrierten, denn der Japaner Jun Mizutani hatte gegen den Chinesen Zhang Jike eine 3:0-Satzführung und zwei Matchbälle nicht nutzen können. Zhang Jike war für den verletzten Weltranglistenersten Ma Long nach Magdeburg gekommen, ein Ersatzmann, der auf Nummer drei der Weltrangliste steht. Mit letzter Kraft und Konzentration besiegte Boll Mizutani. „Ich muss zufrieden sein“, sagte Boll. Dazu gab ihm sicher vor allem das Viertelfinale einen Grund, wo er gegen Chuang Chih-Yuan aus einem 1:3-Satzrückstand noch ein 4:3 gemacht hatte. Die Niederlage gegen Wang Hao dagegen hat Boll allenfalls das Motto für seine nächste Trainingsphase geschenkt: „Ich muss aggressiver spielen, präziser und schneller.“

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