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Sport: Ein Italiener trotzt der Hitze

Paolo Bettini siegt beim Straßenrennen von Athen – Zabel wird Vierter, Ullrich kommt nur auf Platz 19

Es gibt schönere Beschäftigungen, als sich für 224,4 Kilometer fast sechs Stunden lang auf einem Fahrrad durch die Mittagshitze von Athen zu quälen. Und 17 Mal bei Temperaturen von 40 Grad eine 600 Meter lange Steigung am Lykavettos-Hügel bezwingen zu müssen. Doch Jan Ullrich war das nicht hart genug. „Der Berg war zu kurz“, sagte der deutsche Radstar, „mehr war nicht drin.“

Weil die Strecke des olympischen Straßenradrennens nicht über einen Berg führte, der diesen Namen auch verdient, kam der Bergspezialist Jan Ullrich nur als 19. durch das Ziel vor dem Athener Rathaus. Für ihn ist das Ergebnis eine Enttäuschung, in Sydney hatte er vor vier Jahren noch Gold gewonnen. Diesmal gewann im Schlussspurt der Italiener Paolo Bettini vor einem Überraschungszweiten, dem Portugiesen Sergio Paulinho. In seiner sportlichen Biographie steht in der Rubrik Resultate: Nichts. Jetzt hält er eine Silbermedaille in der Hand.

Nur vier Sekunden hinter dem Drittplatzierten Axel Merckx überquerte Erik Zabel die Ziellinie. „Schade“, sagte der deutsche Radprofi, „so knapp an Bronze vorbei.“ Er kennt das Gefühl, vor zwölf Jahren bei den Olympischen Spielen von Barcelona landete Zabel auf Rang vier. Er nahm es mit Humor: „So habe ich wenigstens meine Nominierung gerechtfertigt.“

Der Tag, an dem die Autostadt Athen Bekanntschaft mit dem Verkehrsmittel Fahrrad machte, war nicht der Tag der deutschen Radfahrer. Jens Voigt endete auf Platz 64. In der elften Runde musste der Deutsche Meister und Zweitplatzierte der Tour de France, Andreas Klöden, entkräftet vom Rad steigen. „Andreas hat sich einige Zeit an der Spitze gezeigt und gearbeitet, da fehlten ihm einfach die Kräfte“, sagte der Sportliche Leiter Mario Kummer. „Genauso erging es auch Michael Rich.“ Für den Fahrer vom Team Gerolsteiner endete das Rennen vorzeitig in der 13. Runde. In der vorletzten Runde setzten sich Bettini und Paulinho von der Gruppe mit Ullrich ab und fuhren bis Mitte der Schlussrunde einen Vorsprung von 50 Sekunden heraus. „Bettini verdient den Sieg“, sagte Zabel. „Er war bei den Eintagesrennen während der gesamten Saison unter den Besten.“

Für Bettini kam der Sieg ebenfalls nicht überraschend. „Wir hatten im Rennen keine Schwierigkeiten", sagte der 30-Jährige, „wir hatten immer einen Italiener vorne.“ Dass Tour-Sieger Lance Armstrong fehlte, wollte er nicht als Schmälerung seines Sieges wissen. „In jedem Rennen fehlt immer irgendwer, es waren genug gute Fahrer in Athen am Start.“ Unter dem Lorbeerkranz und der italienischen Fahne um die Schultern wirkte Bettini bei der Siegerehrung wie ein stolzer römischer Kaiser in Athen.

Das deutsche Radteam besitzt noch die Chance, am Mittwoch im Einzelzeitfahren eine Medaille zu gewinnen. Ullrich ist in dieser Disziplin Spezialist, in Sydney hat er Silber gewonnen und Armstrong seine bisher empfindlichste Niederlage gegen ihn zugefügt. „Meine Form ist gut“, sagte Ullrich, „die Hitze macht mir nichts aus.“ Und Erik Zabel wagt sogar eine kühne Prognose: „Mit seiner Kondition und seinem Gewicht ist Jan der Goldfavorit.“

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