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Sport: Ein Leichtgewicht als Stütze

Mesut Özil ist dabei, sich nach Startschwierigkeiten in Bremen zum wichtigen Spieler zu entwickeln

Nach Spielen im Bremer Weserstadion verschafft sich Tino Polster am Ende der obligatorischen Pressekonferenz noch einmal Gehör. Sind alle Nachfragen abgehandelt, verkündet Werders Mediendirektor noch etwas Nebensächliches: Den Ausgang der Wahl zum „Man of the match“. Der Hauptsponsor der Grün-Weißen ist diese Saison auf diese hübsche Idee gekommen. Thomas Schaaf, der Trainer, hält bekanntlich nicht viel von solchen Spielchen, doch nach dem 2:0 gegen Energie Cottbus nickte der 47-Jährige zustimmend. Denn zum Mann des Tages wurde Mesut Özil gewählt.

Keine Frage: Nicht die im Aufwärtstrend befindlichen Nationalspieler Torsten Frings oder Tim Borowski, nicht die eingewechselten Torschützen Markus Rosenberg oder Hugo Almeida und erst recht nicht der blasse Ivan Klasnic, sondern Özil war die Hauptfigur und mit Abstand bester Bremer. Ein ehemaliger Spieler des FC Schalke 04 hielt seinen alten Klub im Kampf um die direkte Qualifikation für die Champions League auf Distanz. „Ich war froh, dass ich wieder spielen durfte. Ich wollte zeigen, dass ich der Mannschaft helfen kann“, sagte der 19-Jährige hinterher artig. Ein großer Redner wird der zarte Özil nie werden – doch möglicherweise ein großer Fußballer. Denn nach holprigem Beginn an der Weser mehren sich die Indizien, dass Werder mit der winterlichen Fünf-Millionen-Verpflichtung doch ein bemerkenswerter Transfer gelungen sein könnte. Sportchef Klaus Allofs ist jedenfalls davon überzeugt. „Ich denke, dass man ihn in Bremen jetzt erst so richtig kennenlernt. Seine Entwicklung hat richtig Fahrt aufgenommen“, sagte Allofs, für den der schwierige Einstand des Mesut Özil nur ein gewöhnlicher Prozess war: „Es war doch klar, dass so ein junger Spieler, der zu einem Spitzenteam wechselt, nicht gleich am nächsten Tag all seine Qualitäten zeigen kann. Er musste sich erst an alles bei Werder gewöhnen.“ Zwischenzeitlich war sich Özil nicht zu schade, bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga auszuhelfen, nun ist er nach zehn Einsätzen in der Profielf offenbar in Bremen angekommen.

Wichtig ist das für Werder auch deshalb, weil Diego in der Rückrunde nicht mehr konstant brilliert. Gegen Cottbus fehlte der Regisseur wegen Oberschenkelproblemen, Özil ersetzte ihn bestens. Auch wenn der Brasilianer am Mittwoch beim Hamburger SV wieder fit sein sollte, muss Özil vielleicht nicht auf die Bank: Schon beim 3:3 in Karlsruhe spielten Diego und der U-21-Nationalspieler nebeneinander, Özil schoss gegen den KSC sein erstes Tor für Werder. Am Sonnabend zeigte er seine bisher beste Leistung im grün-weißen Dress. Couragiert und konzentriert, pfiffig und listig trieb er das Offensivspiel an. „Er ist ein großartiger Fußballer mit viel Talent und kann viele Akzente setzen. Da kann etwas heranwachsen“, sagte Schaaf. Aber auch Bremens Trainer weiß: In punkto Durchsetzungsvermögen, Zweikampfhärte und Torgefahr fehlt dem Leichtgewicht (70 Kilo bei 1,80 Meter Körpergröße) noch einiges, mitunter wirken seine Dribblings naiv. Andererseits bringt der gläubige Moslem jene Inspiration ein, die den Unterschied ausmachen kann.

Özils Großfamilie nimmt an seiner Entwicklung übrigens großen Anteil. „Im Heimatort meiner Eltern, in Zonguldak am Schwarzen Meer, haben sie sich extra viele Satellitenanlagen angeschafft, mit denen sie deutsche Programm empfangen können“, hat Özil einmal verraten. Nach jeder Partie werde er entweder mit Trost oder Glückwünschen aus der Heimat überschüttet. Am Samstag war es ausnahmslos Letzteres.

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