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Zum Sieg gesprintet. Der Franzose Martin Fourcade gewinnt die Entscheidung über zehn Kilometer bei der WM. Foto: AFP

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Sport: Ein perfektes Rennen

Bei der Biathlon-WM gewinnt Neuner im Sprint und macht, was sie angekündigt hatte: genießen.

Um 15.59 Uhr huschte zum ersten Mal am Samstagnachmittag ein entspanntes Lächeln über die Lippen von Uwe Müssiggang. Es war der Augenblick, in dem Magdalena Neuner vor den Augen des deutschen Biathlon-Cheftrainers und vor 28 000 Zeugen in der Chiemgau-Arena den letzten ihrer zehn Schüsse ins Schwarze setzte, die bereits im Zielraum wartende Hauptkonkurrentin Darya Domratschewa im Fernduell auf Distanz hielt und allein ein Meteoriteneinschlag Neuners Sieg im WM-Sprint über 7,5 Kilometer noch hätte verhindern können.

Der Besuch aus dem Weltall blieb aus – sodass die Rekordweltmeisterin aus Wallgau um 16.06 Uhr unter dem tosenden Applaus des Publikums über die Ziellinie sausen, den Mund weit aufreißen und sich gleich darauf völlig ausgepumpt in den aufgeweichten Schnee plumpsen lassen konnte. Zwar waren da 47 der insgesamt 118 Starterinnen noch nicht einmal auf die Strecke gegangen. Doch potenzielle Medaillenkandidatinnen warteten nicht mehr auf ihren Einsatz.

Das wusste auch Magdalena Neuner, die den Zuschauern für einen Moment die zur Faust geballte rechte Hand entgegen und ihre Ski in die Höhe reckte – und später ihre vollendete Ausgeglichenheit erklärte, mit der sie vor allem Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig („Bei ihr fehlen einem manchmal die Worte“) verzückte. Das Wichtigste: „Nicht an die anderen zu denken, sondern nur mein eigenes Ding zu machen.“ In dieser Disziplin hatte es die 25-Jährige mit Hilfe ihres Mentaltrainers schon bei ihren beiden Olympiasiegen in Vancouver zur Perfektion gebracht – und diese Perfektion bis in die letzten Tage ihrer Karriere hinein bewahrt. Deshalb ist die nun elfmalige Weltmeisterin inzwischen derart mit sich im Reinen, dass sie Menschen, denen Neuners enorme Nervenstärke längst unheimlich geworden ist, nur verständnislos anschaut.

„Angst? Angst hab’ ich sowieso nicht“, antwortet die junge Frau mit dem blondierten Pferdeschwanz auf solche Fragen mit größter Selbstverständlichkeit – und bittet darum, ihre Hinweise doch ernst zu nehmen. „Ich hab’ vorher gesagt: Ich werde die WM genießen, mache mir keinen Stress. Also genieß’ ich das hier mit allen Zellen“, beschreibt sie ihre Leichtigkeit des Sportlerinnendaseins, das sie in exakt zwei Wochen beim Weltcup-Finale beenden wird.

Bis dahin hat sie große Pläne, vor allem für die Titelkämpfe von Ruhpolding. Sechs Medaillen bei sechs Starts peilte sie vor dem WM-Start forsch an, durch Bronze mit der deutschen Mixed-Staffel und Gold im Sprint ist das erste Drittel ihres Plans erfüllt. „Mein Ziel steht, und ich hoffe, dass noch die eine oder andere goldene dazu kommt“, sagte Neuner nach ihrem Sieg vor der Weißrussin Domratschewa und Bronzemedaillengewinnerin Vita Semerenko aus der Ukraine.

Mit 15 Sekunden Vorsprung auf Domratschewa und 37 Sekunden vor Semerenko wird sie heute um 16 Uhr ins Verfolgungsrennen gehen – wobei sich Gerald Hönig schon am Samstag an der einsamen Spitze in seinem Team – zweitbeste DSV-Starterin war Tina Bachmann auf Rang 22 – ergötzte. „Lena ist im Moment die Freude pur. Sie strotzt nur so vor Kraft und Selbstvertrauen“, freute sich der Chef der Biathletinnen mit seiner rundum zufriedenen Vorzeigekraft.

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