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Sport: Ein schönes Malheur

Erst zum dritten Mal gibt es kein deutsches Gold bei den Doppelsitzern – Florschütz/Wustlich freuen sich trotzdem über Silber

Vom Himmel über dem Örtchen Cesana segelten ein paar schüchterne Schneeflocken zur Erde – die ersten, die die olympischen Stätten seit langer Zeit gesehen hatten. Es war fast schon richtig Winter geworden, als die beiden deutschen Rodler André Florschütz und Torsten Wustlich ihren zweiten und letzten Lauf durch die Eisrinne von Cesana Pariol gedonnert waren – und dabei zu ihrer großen Freude die Südtiroler Gerhard Plankensteiner und Oswald Haselrieder noch überholt hatten und zu zwei Silbermedaillen gekommen waren. Auf dem eisigen Weg dorthin hatten die beiden bei ihrer ersten Olympia-Teilnahme unter anderem ihre Teamkollegen Patric Leitner und Alexander Resch, immerhin die bis gestern amtierenden Olympiasieger, geschlagen. Die Goldmedaillengewinner von Salt Lake City waren am Ende Sechste – eine unangenehme Überraschung.

Die Medaillen von Torsten Wustlich und Pilot André Florschütz waren dagegen eher eine positive. Erst Mitte Januar hatten sie sich überhaupt für Olympia qualifiziert – doch jetzt sieht dieser verspätete Termin ein bisschen nach Zockerei aus. „Vom Trainingsverlauf her hatten wir schon mit einer Medaille geliebäugelt“, sagte Wustlich. „Wir wussten, dass wir noch ein bisschen was in petto haben.“ Zu Gold reichte die heimliche Reserve allerdings nicht. Das österreichische Brüderpaar Andreas und Wolfgang Linger war letztlich doch deutlich schneller unterwegs als die beiden 29-Jährigen aus Friedrichroda und Oberwiesenthal. Im Übrigen ein Ereignis von fast historischem Wert: Seit der Premiere des Doppelsitzerrodelns bei den Winterspielen 1964 haben deutsche Rodlerpaare bei Olympia nur zweimal nicht gewonnen, 1964 und 1994.

Jetzt ist dieses Malheur zum dritten Mal passiert, André Florschütz war das allerdings reichlich egal. „Affengeil“ fand er das Ergebnis. Denn die Voraussetzungen waren nicht gerade günstig gewesen. „Sechsmal Training war eigentlich zu wenig, um unseren Kopf und den Schlitten auf diese Bahn einzustellen“, sagte Florschütz. Besonders bei dieser schwierigen Bahn war das ein Nachteil, zumal das Finale von Windböen sehr erschwert wurde. Das US-Duo Grimmette/Martin, Olympiazweite von Salt Lake City, die beiden Russen Chamkin und Boizow sowie die Ukrainer Scherebetskij und Jaswinskij kamen bei den widrigen Verhältnissen aus der Spur und stürzten. Roman Jaswinskij verletzte sich dabei so schwer, dass er mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden musste. Ein Schicksal, das den deutschen Silbermedaillengewinnern gestern erspart blieb.

Ein anderes wird sie dagegen kaum verschonen: Die Medaille wird ihnen nur wenig Heldentum in der Heimat einbringen. In der Randsportart Rodeln stehen die Doppelsitzer eben noch ein bisschen mehr am Rande. André Florschütz macht sich auch keine Illusionen, dass sich das ändern könnte: „Das ist so, das wird so bleiben, damit müssen wir leben.“ Seit gestern geht es ein bisschen besser.

10. BIS 26. FEBRUAR

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