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Sport: Ein Sport macht kurzen Prozess

Bundesliga mit drei Spielern, nur noch zwei Gewinnsätze: Wie Tischtennis sich dem Fernsehen anbietet

Berlin - Beim inoffiziellen Wettbewerb um die schnellste Ballsportart der Welt hat Tischtennis jetzt einen Punktsieg errungen. In der nächsten Bundesligasaison spielen nur noch Dreiermannschaften gegeneinander, nicht wie bisher Viererteams. Wenn es das Fernsehen so will, reichen künftig schon zwei Satzgewinne zum Sieg und nicht mehr drei. Zwei Stunden soll ein Bundesligaspiel dauern. So schnell kann es gehen im Tischtennis.

Es ist der nächste Versuch einer kleinen Sportart, ins große Fernsehprogramm zu kommen. Einiges hat Tischtennis schon unternommen und dabei seine Regeln gravierend verändert. Inzwischen ist der Tischtennisball zwei Millimeter größer geworden und hat nun einen Durchmesser von 40 Millimetern, ein Satz geht jetzt bis 11, nicht mehr bis 21 Punkte, und der Aufschlag ist auch noch entschärft worden, damit Gegner und Zuschauer den Ball besser sehen.

Den Durchbruch hat das alles nicht gebracht. Während Tischtennis zwar in Asien boomt, zeigt das Fernsehen hierzulande allenfalls noch Tischtennis, wenn Timo Boll bei einer Welt- oder Europameisterschaft um Medaillen spielt. Bewegte Bilder von der Bundesliga sind derzeit nicht einmal im Internet zu sehen. Das soll nun anders werden.

Deshalb hat der Hauptausschuss des Deutschen Tischtennis-Bundes nun den Modus der Männer- und Frauenbundesliga geändert. „Die Chancen sind größer als die Risiken“, sagt Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes. Aber er weiß auch, mit welchem Vorwurf sich seine Sportart auseinanderzusetzen hat: „Dass wir zum Büttel des Fernsehens werden.“ Die Einführung der Zwei-Satz-Spiele hat der Verband daher auch an klare Bedingungen geknüpft. Es muss ein Vertrag mit einem frei empfangbaren Fernsehsender vorliegen, der mindestens eine Begegnung pro Spieltag live zeigt. Außerdem dürfen dem Verband keine Kosten entstehen. Tischtennis war schließlich auch die erste Sportart in Deutschland, die sich ins Fernsehen einkaufte, indem es die Produktionskosten übernahm. 1997 bezahlte die Bundesliga dem Deutschen Sportfernsehen (DSF) 600 000 Mark und bekam dafür zwölf Liveübertragungen.

Das DSF ist jetzt auch der erste Ansprechpartner der Tischtennis-Bundesliga. Für sie führt Benno Neumüller die Verhandlungen, der mit seiner Firma Contenthouse auch schon eine regelmäßige Liveübertragung im Internet versucht hatte. Dieses Projekt ruht jedoch zurzeit. Neumüller fand keine Sponsoren. „Tischtennis muss nun den Beweis antreten, dass es einem Fernsehsender Werbeeinnahmen verschaffen kann“, sagt Neumüller, der früher Chefredakteur von „Premiere“ war. Seine Zuversicht ist dabei kaum zu übertreffen. „Andere Sportarten schwächeln, und die Sender sind doch auf der Suche nach neuen Sportarten“, sagt er. Hoffnung macht ihm beispielsweise, dass die Bundesliga kürzlich einen Zuschauerrekord aufgestellt hat. Der TTC Frickenhausen zog für das Spiel gegen Timo Bolls Klub Borussia Düsseldorf nach Stuttgart um und verkaufte 4500 Karten. Neumüller sieht jedenfalls großes Potenzial angesichts Hunderttausender Vereinsspieler und noch mehr Freitzeitspieler. „Wir müssen in der Bundesliga weg kommen von der Turnhallenatmosphäre“, sagt Neumüller. Mit dem neuen Modus wird künftig nur noch an einem Tisch gespielt, um so die Atmosphäre eines Centre Courts zu erhalten.

Neumüller muss nun bis zum 31. Mai einen Sender und Sponsoren gefunden haben, sonst wird es weiter drei Gewinnsätze geben. Bis dahin muss der Verband auch intern Überzeugungsarbeit leisten. Ein Spieler weniger pro Mannschaft bedeutet schließlich weniger Einsatzmöglichkeiten für junge deutsche Spieler wie den 20 Jahre alten Nationalspieler Patrick Baum, der beim Deutschen Meister TTC Frickenhausen auf Position vier spielt. „Es wird ein paar Grenzfälle geben“, sagt Männer-Bundestrainer Richard Prause, „aber ich hoffe, dass die Vereine in ihren Kadern auch künftig mehr als drei Spieler haben.“ Das wäre für jeden einzelnen Spieler auch eine Entlastung, „denn die internationalen Turniere werden mehr und mehr“, sagt Prause. Ein Spieler kommt heute allein in seinem Klub inklusive Champions League auf mehr als 30 Termine pro Jahr.

Gut möglich, dass der Beschluss des Verbandes der vorerst letzte Versuch ist, sich dem Fernsehen anzubieten. Denn was soll noch kommen? „Wir könnten maximal höhere Netze einführen, um das Spiel für die Zuschauer zu verlangsamen oder Aufschläge nur noch mit der Rückhand zulassen“, sagt Verbandspräsident Weikert. Mehr geht nicht, sonst erkennt sich Tischtennis selbst nicht wieder.

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