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Sport: Ein Stock, ein Ellbogen und die Folgen

Das Spiel des HSV gegen Köln macht dem Deutschen Fußball-Bund Arbeit

Von Karsten Doneck, dpa

Wer siegen will, muss auch leiden können. Als Alexander Laas, 21 Jahre jung, nach dem Abpfiff in Richtung Kabine trottete, zeugte nur noch eine Beule an der Stirn davon, dass er für einen Augenblick im Mittelpunkt eines von unrühmlichen Zwischenfällen begleiteten Bundesligaspiels gestanden hatte. Laas war kurz nach der Pause beim Torjubel des Hamburger SV über den Treffer zum 2:0 gegen den 1. FC Köln von einem aus dem Gäste-Fanblock geworfenen Trommelstock am Kopf getroffen worden und blutüberströmt auf den Rasen gesunken. „So etwas muss man wegstecken“, sagte Laas später. Verschmitzt lächelnd fügte er hinzu: „Für den Sieg nehme ich die Beule selbstverständlich in Kauf.“ Der HSV hatte den 1. FC Köln 3:1 (1:0) bezwungen, Laas selbst nach fünfminütiger Behandlungspause weitergespielt.

Dennoch saß der Schock über den Vorfall tief. Schließlich ist Hamburgs AOL- Arena auch WM-Stadion. Und die Furcht ist groß, dass jetzt, ein paar Tage vor der Auslosung zur WM-Endrunde in Leipzig, Bilder von einem blutüberströmten Spieler um die Welt gehen, die international Zweifel wecken am Sicherheitskonzept für das Championat 2006, etwa im Sinne von: Deutschland – blutig Fußballland.

Alle Beteiligten waren nachher bemüht, die Angelegenheit nicht zu dramatisieren, allen voran das Opfer Alexander Laas. „Die Sache interessiert mich jetzt schon nicht mehr“, sagte Laas kurz nach Spielschluss. HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer sprach „von einer herben Aktion, die es in Fußballstadien nicht geben darf“, die sich aber nie vollständig ausschließen lässt, wie HSV-Sprecher Jörn Wolf betonte, „denn dann müsste ja jeder Fan nackt ins Stadion kommen“.

Der Werfer des Trommelstocks ist ermittelt. Er hatte die Tat in der Nacht zum Sonntag gegenüber dem Kölner Fanbeauftragten Rainer Mendel zugegeben. Jener Köln–Fan, den die Polizei zunächst als Tatverdächtigen festnahm, soll eine Mitschuld an dem Vorfall tragen. Ob der HSV Strafanzeige gegen den Täter erstatten wird, entscheidet der Verein heute. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes ermittelt auf jeden Fall. Der HSV wird verdächtigt, seine Aufsichtspflicht vernachlässigt zu haben, dem 1. FC Köln droht eine Bestrafung, die von einer Geldstrafe bis hin zur Platzsperre reichen kann. Die Kölner entschuldigten sich beim HSV nach Spielschluss ausdrücklich. „Dieses Fehlverhalten tut uns Leid“, sagte Manager Andreas Rettig. „Ich kann nur appellieren, dass dieser Unfug künftig unterbleibt.“ Trainer Uwe Rapolder wertete die Tat als die eines Einzelnen: „Da steht jeden Morgen ein Dummer auf, der dann eine ganze Gruppe in Verruf bringt.“ Die Stöcke waren übrigens auf ganz legalem Weg ins Stadion gelangt. Ein Fanklub des FCK hatte die Trommel als Mitbringsel beim HSV-Fanbeauftragten und dem Stadionmanagement offiziell angemeldet – und genehmigt bekommen. „Das ist so üblich in der Bundesliga“, sagt Jörn Wolf. Mit einer Zweckentfremdung des Trommelzubehörs rechnete niemand.

Das Spiel HSV gegen Köln geht für den DFB-Kontrolluasschuss auch noch anderweitig in die Verlängerung. Das Gremium hat Ermittlungen gegen Özalan Alpay aufgenommen. Der türkische Nationalspieler hatte in der 64. Minute dem Hamburger Guy Demel, unbemerkt von Schiedsrichter Jochen Drees, den Ellbogen ins Gesicht gerammt, offenbar mit Absicht. Die Fernsehkameras wiesen die Tat deutlich nach. Alpay droht nun eine Sperre. Und Ärger vom 1. FC Köln. Rapolder: „Das wird Konsequenzen haben.“ Als erste Maßnahme wurde Alpay für das Nachholspiel der Kölner am Dienstag beim MSV Duisburg aus dem Kader gestrichen.

Alpay war bereits beim WM-Qualifikationsspiel der Türkei gegen die Schweiz unangenehm aufgefallen. In Hamburg hatte er sich schon beim Gang in die Kabine zur Halbzeit mit Demel angelegt. „Er hat meine Familie beleidigt. Ich bin einfach weitergegangen“, sagte Demel. Erst zwei Tage vorher hatte HSV-Trainer Thomas Doll wegen der Häufung von Platzverweisen gegen seine Spieler eine Sitzung abgehalten, in der es um Deeskalation auf dem Spielfeld ging. Zumindest Demel hat Dolls Lektion offenbar schnell begriffen.

Schiedsrichter-Kolumne, Seite 21

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