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Sport: Ein Werk der Mafia?

In der Türkei werden die Hintermänner des Skandalspiels von Istanbul enttarnt

Zwei Geschäftsleute mit Verbindungen zur Mafia sollen nach dem skandalösen Spiel der WM-Qualifikation zwischen der Türkei und der Schweiz (4:2) in Istanbul einige Schweizer Spieler angegriffen und Journalisten behindert haben. Die türkische Presse berichtete am Sonntag, Yasar Aydin und Ali Kiratli seien von einem hohen Funktionär des türkischen Fußballverbandes zum Spiel am vergangenen Mittwoch ins Stadion geschleust worden. Im Kabinengang seien die beiden nach dem Schlusspfiff auf die Schweizer Spieler losgegangen. Türkischen Kameraleuten, die die Prügelszenen filmten, hätten die Männer mindestens eine Videokassette abgenommen, hieß es in den Berichten. Mehrere Zeitungen forderten deshalb personelle Konsequenzen im Fußballverband. Von den angeblich so aggressiven Schweizern, die in der Türkei noch vor wenigen Tagen als Hauptschuldige galten, spricht in der türkischen Öffentlichkeit inzwischen kaum noch jemand. Der Spieltag der türkischen Liga am Wochenende verlief immerhin ruhig.

Das Skandalspiel vom Mittwoch im Sükrü-Saracoglu-Stadion könnte zu einem Wendepunkt im türkischen Fußball werden. Nationaltrainer Fatih Terim, bis vor einer Woche noch einer der größten Helden des türkischen Sports, erhielt von der Verbandsspitze inzwischen ein Redeverbot. Terim muss nach Presseberichten außerdem mit Geldstrafen rechnen. Terims Assistenztrainer Mehmet Özdilek soll bereits gefeuert worden sein, weil er mit den Tritten im Stadion anfing, wie Fotos später dokumentierten. Eine offizielle Bestätigung für den Rückzug des Kotrainers gab es am Sonntag allerdings nicht. Özdilek, ein früherer Profi bei Besiktas Istanbul, war bisher vor allem wegen seines Engagements in der Jugendarbeit hoch angesehen. „In einem Augenblick des Zorns ist eine Legende zerbrochen“, schrieb die Zeitung „Hürriyet“ am Sonntag über den Kotrainer.

Neben Terim und Özdilek gerät auch Davut Disli vom Vorstand des türkischen Fußballverbandes immer mehr ins Zentrum der Kritik. Disli soll den als Schläger verdächtigten Geschäftsleuten Aydin und Kiratli eine Akkreditierung für das Spiel besorgt haben, obwohl die beiden nicht auf der offiziellen Gästeliste standen. Aydin und Kiratli waren nach Presseberichten bereits vor sechs Jahren in Erscheinung getreten, als der damalige Nationaltorwart Rüstü Recber verprügelt wurde. Die Presse bringt Disli, Aydin und Kiratli zudem mit dem Unterweltboss Sedat Peker in Verbindung. Obwohl Disli die Vorwürfe bestreitet, werde er wohl ebenfalls entlassen werden, berichtete „Hürriyet“. Unmittelbar vor dem Istanbuler Spiel hatte Disli die türkischen Fans gegen die Schweizer aufgewiegelt.

Der Disziplin-Ausschuss des Weltfußballverbands Fifa hat unterdessen Aussagen von Özdilek sowie den beiden türkischen Nationalspielern Alpay Öczalan und Emre Belözoglu zu der Schlägerei angefordert. Die Schweizer Spieler Valon Behrami und Benjamin Huggel sollen ebenfalls Stellung nehmen.

In der Türkei ist eine breite Debatte über die eigenen Fehler entflammt. Nachdem anfangs die Schuld bei Schiedsrichtern und Gästen gesucht wurde, gewinnen die besonnenen Stimmen Oberhand. Zu ihnen gehört Christoph Daum, Trainer von Fenerbahce Istanbul. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte der Deutsche. „Die Fifa muss ein klares Zeichen setzen: Liebe Türken, so geht es in Zukunft nicht weiter.“Seite 21

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