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Sport: Eine Frage der Emotionen

Marko Pesic führt Alba Berlin zum 93:74 gegen Oldenburg

Von Helen Ruwald

Berlin. Marko Pesic rannte nach vorn, 29 Punkte hatte er bereits erzielt, es war klar, dass er der Topscorer der Partie werden würde. Doch Pesic hatte noch nicht genug, er wollte weitere Körbe machen, viereinhalb Minuten vor Schluss im Basketball-Bundesligaspiel von Alba Berlin gegen EWE Oldenburg. Doch statt am Korb hochzuspringen, lag der Nationalspieler plötzlich am Boden und hielt sich das linke Knie. Er hatte einen Schlag darauf erhalten und musste von Mannschaftsarzt Gerd-Ulrich Schmidt vom Feld der Max-Schmeling-Halle geführt werden. Während seine Kollegen den 93:74 (49:39)-Sieg perfekt machten, kühlte Pesic auf der Bank sein Knie und hielt ab und zu die Hände vors Gesicht, so als habe er ziemliche Schmerzen und Angst vor einer schweren Verletzung.

Doch wenig später gab Pesic Entwarnung. „Nur ein Pferdekuss“, sagte er. Trainer Emir Mutapcic hatte zuvor noch angekündigt, dass der 25-Jährige vorsichtshalber heute geröntgt werde, eventuell sogar eine Kernspintomografie gemacht werde. Nein, signalisierte hingegen Pesic, nicht nötig. Er hätte allen Grund gehabt erleichtert zu sein: keine schwere Verletzung, bester Werfer, eine starke Leistung – beim Euroleague-Debakel am Donnerstag gegen Efes Pilsen Istanbul (63:84) hatte er extrem schlecht gespielt, bei einer Wurfquote von 20 Prozent drei Punkte gemacht. Gegen Oldenburg, bis zum Spiel Spitzenreiter der Liga, trieb er die Mannschaft an und übernahm die Führungsrolle, die Neuzugang DeJuan Collins erneut nur ungenügend auszufüllen vermochte.

Pesics Kommentar zum Spiel: „Die Realität sieht so aus, dass wir in der Europaliga keine Chance haben. Wir müssen uns auf die Bundesliga konzentrieren.“ Was mit Ausnahme der ersten zehn Minuten recht ordentlich gelang. Doch Pesic, der Bronzemedaillengewinner der WM von Indianapolis im September, hat die Euroleague natürlich nicht wirklich abgehakt. Aus seinen Worten sprach Sarkasmus, sehr viel Sarkasmus. „Wichtig ist nicht die Mannschaft“, sagte er den Journalisten, „sondern was ihr schreibt. Ich hatte eine schlechte Einstellung gegen Efes, habt ihr geschrieben, heute hatte ich eine gute.“

Die hatte er tatsächlich, er hatte großen Anteil daran, dass sein Team am Ende so souverän siegte. Nach einer 12:4-Führung hatte Alba das erste Viertel 20:27 verloren und an die schlechte Leistung vom Donnerstag angeknüpft. Keine Verteidigung, kein vernünftiger Spielaufbau, zahlreiche vergebene Freiwürfe. In einer Auszeit wurde Trainer Emir Mutapcic etwas lauter, die Mannschaft besann sich auf ihre Fähigkeiten, fortan lief es gut. 29:12, 19:14, 25:21 gewannen die Berliner die weiteren Spielabschnitte. Zu Beginn „hat die Europaliga noch nachgewirkt“, sagte Henrik Rödl, Albas Auftritt dort „war ein Schrecken, wir waren verunsichert, das hat sich bei den Freiwürfen gezeigt.“

Emotionslosigkeit sah der Trainer als Grund für die anfänglichen Probleme, vor allem bei den fünf Nationalspielern, die in wenigen Monaten Meister, Pokalsieger und WM-Dritter wurden und keinen Urlaub hatten. „Sie haben in Amerika viele Emotionen verloren, dafür habe ich auch Verständnis. Die Hungrigkeit muss wieder her.“ Zumindest, was Pesic betrifft, kann Mutapcic beruhigt sein: Ihm ist Emotionslosigkeit wahrlich nicht vorzuwerfen.

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