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Sport: Eine Frage des Glaubens

Bayern schlägt 1860 im Derby 1:0 – beide sind sich sicher, ihre Ziele zu erreichen

München. Jahrelang war er einer der verlässlichsten Akteure des Vereins, nun trottete Bazi ein letztes Mal über die Tartanbahn, er sah aus wie ein sehr trauriger Gewinner. Das Maskottchen der Bayern, eine Lederhosen tragende Kreuzung aus Rudolph Moshammer und Ernie aus der Sesamstraße, wird abgelöst, beim gestrigen Spiel gegen den TSV 1860 hatte es seinen letzten Einsatz, und diesmal brauchte es nicht einmal eingreifen. 1:0 gewannen die Bayern. Glück war dabei nicht vonnöten. Eine sehr mäßige Leistung reichte den Roten, um den achten Derbysieg in Folge zu sichern. Für die Blauen, die sich nach dem Trainerwechsel nur kämpferisch verbessert zeigten, wird das Unternehmen Klassenerhalt immer diffiziler.

Lange Zeit wirkte das Spiel so energiearm, als laufe es auf einem Notstromaggregat. 26 Minuten brauchte der Favorit, um sich die erste Torchance zu erarbeiten. Die zuletzt desolaten Sechziger hielten das Spiel offen, zwingende Aktionen brachten aber auch sie nicht zustande. „Das Spiel plätscherte so dahin“, mäkelte Trainer Ottmar Hitzfeld, der in der Pause sein Mittelfeld angewiesen hatte, „das Tempo zu erhöhen – und so ist dann auch das 1:0 gefallen“. Ein gescheites Anspiel von Schweinsteiger lenkte Zé Roberto in die Mitte, dort legte Pizarro den Ball zu Santa Cruz zurück, der die Übersicht behielt und zum Siegtreffer (50.) einschob.

Eine Szene mit weitaus größerer Symbolkraft für das außerordentlich dürftige Stadtduell war jene in der vorletzten Minute, als sich der gewöhnlich zuverlässige Torjäger Makaay beim Versuch eines Linksschusses selbst anschoss und eine unfreiwillige Pirouette einlegte. Sekunden später vergab Zé Roberto die Chance zur Entscheidung, nachdem er Torwart Hofmann bereits umkurvt hatte, aber zu eigensinnig abschloss. So ging kein großer Schrecken aus von der ersten Offensivreihe des Meisters – bestehend aus Santa Cruz, Pizarro und Makaay.

Aber es gab eine zweite, in der Uli Hoeneß und Ottmar Hitzfeld weitaus angriffslustiger zu Werke gingen. Mit wissendem Blick erklärte Hoeneß kurz nach dem Abpfiff, der Spieltag sei mit großer Wahrscheinlichkeit die Wende gewesen im Kampf um die Meisterschaft. „In meiner Rechnung war das Unentschieden der Bremer in Bochum eingeplant. Den Gefallen haben sie uns getan“, sagte der Manager. „Wir schlagen Bremen in zwei Wochen klar. Die Nervenkraft wird dann bei uns zurückkehren.“ Hoeneß hatte dasselbe Derby gesehen wie 71 000 Zuschauer im Stadion. Ottmar Hitzfeld richtete sich nach dem Spiel gleich an die gesamte Republik. „Ich hoffe – auch für ganz Deutschland –, dass die Meisterschaft spannend bleibt“, sagte der Trainer der Bayern. Er selbst sei davon nach wie vor überzeugt.

Bei 1860 machte sich nach dem Spiel Ratlosigkeit breit. „Wir haben keinen Fußball gespielt“, sage Gerald Vanenburg, der neue Trainer, „wir haben gekämpft, aber spielerisch war das zu wenig. Wir haben nur die Bälle hinten herausgeschlagen.“ Wichtig aber sei, dass man noch an die Rettung glaube. Es sah so aus, als wäre das Wichtigste, dass er zunächst selbst den Glauben daran finden müsse. Eine einzige zwingende Torchance in der zweiten Halbzeit – Roman Tyce zwang Oliver Kahn von der seitlichen Strafraumkante zu einer starken Reaktion –, das war zu wenig, um in dem möglicherweise letzten Derby im Olympiastadion die ersten Punkte nach zuletzt drei Niederlagen hintereinander zu holen.

Daniel Pontzen

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