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Linda Caicedo ist Kolumbiens Hoffnungsträgerin. Sie debütierte schon mit 14 Jahren in der A-Nationalelf.

© AFP/Raul Arboleda

Eine Gruppe mit Stolpergefahr: Deutschlands Gegnerinnen bei der Fußball-WM

Die Gruppe bei der EM war deutlich schwerer für die deutschen Fußballerinnen. Trotzdem haben Marokko, Kolumbien und Südkorea das Potenzial, Deutschland gefährlich zu werden.

Dass die deutschen Fußballerinnen bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) eine vergleichsweise einfache Gruppe zugelost bekommen haben, ist kein Geheimnis. Von den großen Nationen haben sie die besten Chancen, nicht nur in die K.-o.-Phase einzuziehen, sondern das auch als Erstplatzierter der Gruppe H.

Den Fehler, die Gegnerinnen aus Marokko, Kolumbien und Südkorea zu unterschätzen, dürfte das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg dennoch nicht machen. Zumal die letzten beiden Testspiele gegen Vietnam und Sambia alles andere als rund liefen und die deutschen Fußballerinnen eine deutliche Leistungssteigerung bei der WM zeigen müssen.

Sambia als Generalprobe vor der WM wurde von Voss-Tecklenburg bewusst gewählt, da der Südafrikameister eine ähnliche Spielweise wie Kolumbien aufweist. Beide Nationen treten sehr körperbetont auf, zuweilen auch über die erlaubte Grenze hinweg. Die Kolumbianerinnen sorgten vor Kurzem für einen Skandal bei einem Testspiel gegen das irische Nationalteam. Irland brach die Begegnung nach etwa 20 Minuten ab, weil es nach Angaben des irischen Verbandes Fai „übermäßig körperlich“ ausgetragen worden sei.

Irlands Trainerin Vera Pauw sagte laut Medienberichten, ihre Spielerinnen hätten gar „Angst“ um ihre körperliche Unversehrtheit gehabt. Der kolumbianische Verband äußerte sich in einer Stellungnahme auf der eigenen Internetseite und wies darauf hin, dass die Spielregeln eingehalten worden seien.

Kolumbien ist nach der Auftaktpartie Deutschlands gegen Marokko am kommenden Montag (10.30 Uhr MESZ/ZDF) dann der zweite Vorrundengegner am 30. Juli (11.30 Uhr MESZ/ARD) in Sydney und dürfte das DFB-Team am meisten unter Druck setzen im Kampf um den ersten Gruppenplatz.

Das kolumbianische Team, das von Nelson Abadía trainiert wird, war bereits 2011 und 2015 bei der WM dabei und hat sich für das Turnier in Australien und Neuseeland über die Südamerika-Meisterschaft im eigenen Land qualifiziert, bei der man bis ins Finale kam und dort knapp gegen Brasilien verlor.

Kolumbien setzt auf den talentierten Nachwuchs

Bei Kolumbien liegt die große Hoffnung auf dem Nachwuchs, die U17 wurde im letzten Jahr bei der WM in Indien Zweiter. Ein Zeichen für die positive Entwicklung der Nation im Frauenfußball in den letzten Jahren. Herauszuheben ist beim kolumbianischen Team die mittlerweile 18-jährige Linda Caicedo, die nach dem Sommer zu Real Madrid wechseln wird.

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Die hochtalentierte Flügelspielerin debütierte mit 14 Jahren im A-Nationalteam. Ein Jahr später wurde bei ihr Krebs diagnostiziert, was sie nicht davon abhielt, nach erfolgreicher Operation und Chemotherapie schnell wieder auf dem Platz zu stehen.

Neben Caicedo gilt ein besonderes Augenmerk Catalina Usme, die die Schlüsselspielerin im Umschaltspiel ist. Nach Balleroberungen durch meist aggressives Pressing ist es Usme, die aus der Zentrale heraus die Pässe spielen soll, um etwa Mayra Ramírez in der Sturmspitze in Szene zu setzen. Sollte das Pressing allerdings überspielt sein, hat Deutschland gute Chancen, zu vielen Tormöglichkeiten zu kommen.

Zum Auftakt der Gruppenphase wartet aber erst mal Marokko auf die deutschen Fußballerinnen, für das es die erste Teilnahme an einer WM ist. Qualifiziert hat sich die Nation über die Afrikameisterschaft im eigenen Land, bei der man im Finale gegen Südafrika verlor.

Infolgedessen ging ein Ruck durch die Nation und selbst König Mohammed VI. plädierte für mehr Förderung des Frauenfußballs. Bereits 2020 hatte der marokkanische Verband entsprechende Maßnahmen vorgelegt, die unter anderem in der Etablierung einer heimischen Profiliga, die National Professional Women’s Football Championship, mündeten.

Trainer ist ein nicht unbekannter Franzose: Renal Pedro ist seit Ende November 2020 im Amt und trainierte unter anderem die Frauen von Olympique Lyon zwischen 2017 und 2019. Dort gewann er zweimal die Champions League und die Liga, einmal gelang ihm sogar das Triple. Für ihn und seine Mannschaft sind Standards ein wichtiger Faktor.

Aus einer meist stabilen Defensive gelingt es den Marokkanerinnen nur selten, gute Chancen herauszuspielen. Umso wichtiger ist es, dass Stürmerin Rosella Ayane diese nutzt. Ayane dürfte die bekannteste Spielerin ihrer Nation sein, sie steht derzeit bei den Tottenham Hotspurs unter Vertrag.

Südkorea benötigt für seine Spielweise viel Selbstvertrauen

Der letzte Gegner für Deutschland ist Südkorea, das zum vierten Mal bei einer WM dabei ist, bislang mit mäßigem Erfolg. Das beste Ergebnis erzielte die Nation bei der Teilnahme 2015, als sie erst im Achtelfinale an Frankreich scheiterte. Zuletzt wurde Südkorea bei der Asienmeisterschaft in Indien Zweiter nach einer 2:3-Niederlage gegen China.

Trainer seit Oktober 2019 ist Colin Bell, der in seiner Trainerkarriere 2015 mit dem 1. FFC Frankfurt die Champions League gewann und schon bei Mainz 05 mit Jürgen Klopp zusammenarbeitete.

Bell hat eine klare Vorstellung, wie er Fußball spielen möchte und verlangt von seinem Team dazu viel Flexibilität in der taktischen Ausrichtung sowie das nötige Selbstbewusstsein, auch gegen große Nationen auf Ballbesitz aus zu sein. Unabdingbar ist dabei für ihn die zentrale Mittelfeldspielerin Ji So-yun, die bis zum Sommer 2022 beim FC Chelsea spielte.

Die 32-Jährige kann eine herausragende Technik vorweisen und überzeugte schon bei Chelsea mit ihren meist erfolgreichen Dribblings. Umso schwieriger dürfte es für das deutsche Team werden, mit einem Angriffspressing gegen So-yun zum Erfolg zu kommen.

Am Ende gilt Deutschland in dieser Gruppe H als Favorit. Die anderen drei Nationen bewegen sich auf Augenhöhe, haben aber allesamt das Potenzial, das Team von Voss-Tecklenburg zum Stolpern zu bringen.

Die Gruppe bei der Europameisterschaft in England im vorigen Jahr war zweifelsohne deutlich stärker besetzt. Doch von Deutschland braucht es ebenso viel Energie, Spielfreude und Aggressivität, um am Ende als Erstplatzierter in die K.-o.-Phase einzuziehen.

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