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Sport: „Eine kleine Bombe platzt noch“ Der Mainzer Trainer Klopp über den Charme des Scheiterns

Herr Klopp, fangen wir in der 80. Minute Ihres letzten Saisonspiels in Braunschweig an.

Herr Klopp, fangen wir in der 80. Minute Ihres letzten Saisonspiels in Braunschweig an. . .

Wir hatten es geschafft, uns vom anderen Ergebnis unabhängig zu machen, übten Druck auf Frankfurt aus, hatten drei Tore mehr als die. Unsere Fans feierten schon den Aufstieg.

Mainz führte 4:0. Bei ihrem Konkurrenten um den Aufstieg stand es 3:3. Wie groß war Ihr Glaube daran, dass Mainz nächste Saison in der Bundesliga spielen könnte?

Ich habe versucht, gar nichts zu glauben. Und spätestens nach dem vierten Frankfurter Tor hatte ich da so eine Befürchtung. . .

Die erwies sich als berechtigt. Als Ihr Spiel längst vorbei war, lief in Frankfurt die Nachspielzeit. Alle Mainzer Spieler versammelten sich auf dem Rasen, dann kamen die Kunde vom sechsten Frankfurter Tor.

Ich habe noch nicht geweint, dafür unseren Fans applaudiert. Es war eine große Saison.

Mit tragischem Ende.

Sicher. Vielleicht wird bei mir doch noch innerlich eine kleine Bombe platzen. Kann sein, dass es mir dann mal ein oder zwei Tage richtig schlecht geht.

Das 5:3 für Frankfurt fiel in der 90. Minute, das sechste Tor in der Nachspielzeit – und unhaltbar schien es nicht. Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, ob in Frankfurt alles mit rechten Dingen zugegangen ist?

Das sechste Frankfurter Tor kann man halten, das stimmt. Aber von mir gibt es keinen Vorwurf an den SSV Reutlingen. Uns fehlte ein Tor zum Aufstieg, in der Leichathletik fehlt manchmal eine Hunderstelsekunde zum Sieg – knappe Entscheidungen machen Sport interessant. Ich werde einen Teufel tun und in das Spiel etwas hinein interpretieren.

Im Vorjahr haben Sie den Aufstieg durch ein 1:3 bei Union Berlin am letzten Spieltag verpasst. Das erneut tragische Scheitern hat einen gewissen Charme. Zumindest was die Sympathiepunkte betrifft, hat der kleine Klub Mainz 05 am Sonntag im Lande gewonnen.

Sicher. Ich denke, dass wir ein großer Verein sind oder zumindest auf dem Wege dahin.

Aber vorerst nicht auf dem Weg in die Bundesliga. Haben Sie nicht Angst vor dem Stigma der Unaufsteigbarkeit?

Stigmen bekommt man aufgedrückt. Also darf uns das nicht interessieren. Man hat uns schon letztes Jahr totgesagt, trotzdem sind wir zurückgekommen. Wir werden uns wieder der Situation stellen. Obwohl die Voraussetzungen in Mainz nicht besser sind als bei der Konkurrenz, teilweise sogar schlechter.

In finanzieller Hinsicht?

Es wird Klubs mit mehr Geld geben. Mancher wird mit dem Risiko spielen. Aber Erfolg lässt sich nicht immer einkaufen.

Aber auch nicht immer einplanen. Woher nehmen sie den Optimismus, dass dem Unternehmen Aufstieg in Mainz nicht ein weiteres tragisches Kapitel hinzugefügt wird?

Schon die Haltung meiner Spieler auf der Heimfahrt nach dem Spiel in Braunschweig hat mich überzeugt. Da musste ich wenig Trost spenden. Meine Spieler haben sich nicht mit ihrem Frust beschäftigt, sondern den Aufstieg von Mainz 05 in die Bundesliga gefeiert. Der findet im Jahr 2004 statt. Wir haben uns geschworen, dass wir das schaffen.

Das Gespräch führte Claus Vetter .

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