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Sport: Eine Mannschaft hilft sich selbst

Tobias Angerer stürzt bei der Tour de Ski – und kommt dank Unterstützung seines Teams noch auf Rang drei

Nach 12,4 Kilometern ist es passiert. Bei der Abfahrt ins Skistadion Oberstdorf stürzt Tobias Angerer in einer leichten Kurve und überschlägt sich. „Mir ist kurz die Luft weggeblieben“, erzählt der deutsche Langläufer später. Als er wieder aufsteht, beträgt der Rückstand zur Spitzengruppe bereits knapp 100 Meter. Als Axel Teichmann das Missgeschick seines Teamkollegen bemerkt, überlegt er kurz. Dann lässt er sich zurückfallen und führt Tobias Angerer in seinem Windschatten wieder heran. „Hut ab, das war toll“, sagt Angerer, der Weltcupsieger der vergangenen Saison. „Alleine hätte ich das nicht geschafft.“

Die Tour de Ski hat im Schneetreiben von Oberstdorf erstmals erlebt, dass sie der Tour de France der Radfahrer tatsächlich sehr ähnlich ist. „Wir haben als Team sehr gut funktioniert“, sagt Jens Filbrich. Die deutschen Langläufer verhielten sich wie ein Radteam, dessen Kapitän gestürzt ist und der wieder herangeführt werden muss. „Tobias Angerer ist in der besten Form“, sagt Teichmann, „und wir haben vorher gesagt, wenn einer Probleme hat, helfen wir uns.“ Dank seiner Unterstützung lief Tobias Angerer im Verfolgungsrennen über 2 mal 10 Kilometer hinter dem Franzosen Vincent Vittoz und dem Russen Alexander Legkow auf Rang drei. Er liegt nun auch in der Gesamtwertung der Tour de Ski aussichtsreich auf Rang vier. Trotzdem will sich Bundestrainer Jochen Behle noch nicht auf einen Läufer festlegen, der in den kommenden vier Rennen die Rolle als Teamkapitän übernehmen wird. „Mit dem Ergebnis bei den Herren bin ich sehr zufrieden“, sagt Behle, „alle drei können eine Rolle in der Gesamtwertung spielen.“ So lief Axel Teichmann trotz der kräftezehrenden Aufholjagd noch auf Rang neun und belegt in der Gesamtwertung ebenfalls Platz neun. Jens Filbrich kam auf Rang elf und liegt in der Gesamtwertung auf Rang 13.

Auch die Frauen haben ihre Erfahrungen mit der neuen Wettkampfform gesammelt. So bemühte sich die Norwegerin Marit Björgen, die Sprintwertung zu Beginn des Rennens zu gewinnen. Damit konnte sie sich eine Zeitgutschrift für die Gesamtwertung sichern. Danach aber fiel sie in der zweiten Hälfte des Rennens mit der Skating-Technik von Platz eins bis auf Platz 25 zurück. „Dieser Sprint war neu für mich“, sagte die Norwegerin, sie habe sich danach müde gefühlt. „Ich werde so etwas nicht noch einmal machen“, sagte sie. Es siegte die Norwegerin Kristin Steira, Evi Sachenbacher- Stehle und Claudia Künzel kamen auf die Plätze 13 und 14. Sie liegen nun in der Gesamtwertung auf Rang fünf (Künzel) und acht (Sachenbacher-Stehle) im Soll. „Mein Ziel ist ein Platz unter den ersten zehn“, sagt Evi Sachenbacher-Stehle.

Die Tour de France mag aufgrund der jüngsten Dopingskandale ein unglücklich gewähltes Vorbild für die Tour de Ski sein. Was aber die Taktik betrifft, sind die Ähnlichkeiten frappierend. So hatte Jens Filbrich nach Angerers Sturz in der Spitzengruppe ein taktisches Problem bekommen. Er wollte das Tempo hoch halten, um in der Gesamtwertung den Abstand zu den Sprintspezialisten zu vergrößern. „Ich wollte aber auch nicht zu schnell laufen, damit Tobias Angerer wieder herankommen kann“, sagte Filbrich. Das Ergebnis war ein verhaltenes Sprinttempo.

Wie bei der Tour de France geht auch die Tour de Ski heute mit der nächsten Etappe weiter – in Oberstdorf. Die Rennen (10.30 Uhr, live in Eurosport und ZDF) über 10 Kilometer (Frauen) und 15 Kilometer (Männer) im klassischen Stil dürften das Feld noch weiter ausdifferenzieren. Angerer hat seine Taktik für heute bereits gewählt: „Angriff“, sagt er, „vielleicht kann ja einer von uns dreien das große Ziel verwirklichen und liegt am Ende der Tour ganz vorne.“ Würde er auch warten, wenn Teichmann stürzt? „Auf alle Fälle“, sagt Tobias Angerer. Das allerdings wäre ein Unterschied zur Tour de France. Dort wartet ein Teamkapitän normalerweise nicht auf einen gestürzten Helfer.

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