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Sport: Eine Million mehr für die Bank

Ivica Olic wechselt im Sommer vom Hamburger SV zu Bayern München – als dritter Stürmer

Hamburg/Berlin - Laut wie Silvesterböller dröhnten die Rufe durch das Stadion: „I-vi-ca, I-vi-ca!“ Immer und immer wieder. Hamburgs Publikum strapazierte beim Uefa-Cup-Spiel gegen Aston Villa noch einmal mächtig die Stimmbänder. Aber ihr Held, der Stürmer Ivica Olic, der an diesem 17. Dezember 2008 mit zwei Toren gerade maßgeblich zum 3:1-Sieg des HSV beigetragen hatte, ließ sich von derlei Huldigungen nicht mehr beeinflussen. Der Mann ist Fußballprofi, da zählt Handgeld oft mehr als Herzblut. Olic wird in der nächsten Saison nicht mehr in Hamburg, sondern gegen Hamburg stürmen – für den FC Bayern München. Sein Wechsel von der Elbe an die Isar steht fest, nachdem Bayern-Manager Uli Hoeneß am Samstag mitteilte: „Wir sind uns einig. Es fehlen nur noch die Unterschriften.“

Olic selbst hatte tags zuvor beim Trainingsauftakt des HSV den Überraschungseffekt der Hoeneß’schen Aussage bereits abgefedert, indem er ausplauderte: „Ich kann sagen, dass für den HSV keine große Chance mehr besteht, dass ich bleibe.“ Auch Martin Jol kann nun seine Bemühungen einstellen, den Kroaten mit antiquierten Vorstellungen von Vereinstreue zu behelligen. Der HSV- Trainer hatte Olic noch vor Weihnachten dezent den Hinweis gegeben: „Das Gras ist anderswo auch nicht grüner.“

Ivica Olic geht also, zwar erst im Sommer, dafür aber ablösefrei. Gut zwei Millionen Euro haben die Hamburger im Januar 2007 bei seiner Verpflichtung an ZSKA Moskau überwiesen. Geld, das gut angelegt war. 64 Bundesliga-Spiele hat Olic seither für den HSV bestritten und dabei 25 Tore erzielt. „Wenn man so einen Spieler hat, dann will man ihn auch nicht hergeben“, klagt Jol.

Schmerzhaft ist Olics Verlust für den HSV auch deshalb, weil er sich mit seinem kroatischen Landsmann Mladen Petric in dieser Saison im Angriff gut ergänzte. „Der eine läuft und rackert, ist dauernd unterwegs, der andere kommt mehr von der Technik her. Das ist einmalig“, lobt Jol sein Stürmerduo. Der Renner – das ist Olic; der Mann fürs Feine – das ist Petric. Eher von der pragmatischen Seite betrachtet Torwart Frank Rost die Stürmersituation beim HSV. „Natürlich sind die beiden wichtig. Sie machen die Tore“, sagt Rost, „aber man darf dabei die anderen nicht vergessen: die, die im Keller stehen und die Kohlen reinschippen.“

Der HSV wollte Olic behalten. Aber auch nicht um jeden Preis. Die Zahlgrenze war schnell festgezurrt. „Wir können doch unser Gehaltsgefüge nicht kaputt machen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann. Drei Millionen Euro im Jahr – so lautete, geschätzt, das Angebot der Hamburger. Nur: Die Bayern waren spendabler. Sie packten einfach noch mal eine Million obendrauf, boten einen Dreijahresvertrag. Ein Gehalt, das Fußballprofis schwach werden lässt, gerade wenn sie, wie Olic, schon 29 Jahre alt sind und das Ende ihrer Karriere langsam näher rückt.

Stürmertypen wie Olic verehren sie in Hamburg seit den Tagen eines Uwe Seeler. Olic ist grundlegend anders als beispielsweise der längst nach Bremen abgeschobene Boubacar Sanogo. Der Ivorer hatte bald den Ruf weg, lauffaul zu sein, nur die anderen rackern zu lassen. Olic dagegen gilt als Marathonmann: Für ihn gibt es keine aussichtslosen Bälle, er leistet im Spiel ein ungeheures Laufpensum, powert sich aus, Resignation scheint ihm fremd zu sein. Seiner Spielweise fehlt es schon manchmal an Effektivität, trotzdem eroberte er einen Stammplatz. Ob er den bei den Bayern bekommt, erscheint zweifelhaft. Bei Trainer Jürgen Klinsmann sind Luca Toni und Miroslav Klose gesetzt. Ein Lukas Podolski, immerhin Stammspieler der deutschen Nationalelf, murrt nur noch über sein Rerservistendasein. Er wird München vielleicht bald verlassen. Zurück zum 1. FC Köln? Oder etwa zum HSV? Das steht noch nicht fest.

Ivica Olic droht in München ein ähnliches Los wie Podolski. Zumal auch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagt: „Olic ist hungrig, er wird, wenn er draußen sitzt, sicher weniger Theater machen.“ Darin steckt schon mal die Ankündigung, dass der Neue sich mit der Ersatzbank der Bayern anfreunden muss. Vielleicht vermisst Ivica Olic dort auch bald die Huldigungen der HSV-Fans. Lässt sich das mit einer Million Euro mehr leichter verschmerzen?

 Karsten Doneck

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