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Sport: Einer von uns

Wenn mich Leute fragen, ob ich Ossi oder Wessi bin, dann sage ich: weder noch. Ich bin Fritz-Kind.

Wenn mich Leute fragen, ob ich Ossi oder Wessi bin, dann sage ich: weder noch. Ich bin Fritz-Kind. 1994, ja, da war ich noch Ossi. Brandenburger. Bis auf einer Party einer sagte: „Ich mach’ mal das Radio an.“ Dies veränderte mein Leben.

Was Fritz ausmachte, war nicht die Musik – die war vor allem im Tagesprogramm kaum besser als woanders auch. Es waren die Moderatoren, die mir mehr beibrachten als meine Lehrer. Die Moderatoren waren zum Großteil aus dem Westen. Das war gut, andernfalls wäre wahrscheinlich so was wie eine elitäre Ostclique entstanden, die keinen auch nur einen Schritt weiter gebracht hätte. So aber musste sich jeder auf den anderen einlassen, wenn es funktionieren sollte.

Und es funktionierte. Auch deshalb, weil der Sender sich nicht wie andere in Berlin versteckte, sondern zu uns kam, nach Beeskow, nach Luckau, nach Angermünde. Das kam gut an: Hey, Fritz ist einer von uns! Dafür ließen wir uns mitnehmen ins Unbekannte. Mein Radio, das Tor zur Welt. Wahrscheinlich war Fritz das erste echte gesamtdeutsche Projekt, und wir, die Hörer und die Moderatoren, waren die erste gesamtdeutsche Generation. Savignyplatz, Frankfurt/Oder, Hackescher Markt, Siegessäule, Cottbus, SO 36. Das alles gehörte wie natürlich zusammen, das alles war unsere Welt.

Wenn ich heute einen Moderator sehe, lächle ich. Er weiß nichts damit anzufangen, doch es soll heißen: Danke, Fritz.

Der Autor, 24, wohnt in Prenzlauer Berg und will wieder zurück nach Kreuzberg.

Christian Hönicke

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