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Sport: Einsam im Wald

Ein Jahr nach ihrem Debütsieg läuft Biathlon-Star Magdalena Neuner in Oberhof wieder allen davon

Den berüchtigten Wetterkapriolen am Oberhofer Rennsteig konnte diesmal keiner die Schuld zuschieben. Schneegestöber, gemeine Winde oder undurchdringlicher Nebel müssen Jahr für Jahr als Begründung für Aussetzer am Schießstand oder für Ausrutscher auf der Strecke herhalten – für die Orientierungslosigkeit zweier russischer Biathletinnen war gestern allerdings ein irdisches Phänomen verantwortlich. „Wir dachten eigentlich, dass es zwischen uns beiden um den Sieg gehen würde“, erzählte die Russin Tatjana Moisejewa, nachdem sie mit ihrer Teamkollegin Olga Anisimowa beim Massenstartrennen gemeinsam aufs Podest gefahren war, dabei aber etwas vergessen hatten. „Wir haben gar nicht gemerkt, dass Magdalena Neuner noch vor uns lag“, gestand Moisejewa. Bei einer Minute Rückstand auf die Deutsche kann das schon mal passieren.

Andererseits müssten sich die Konkurrentinnen mit den Alleingängen der Oberbayerin inzwischen auskennen. Denn gewaltige Vorsprünge fuhr sich Neuner in der Vergangenheit schon häufiger heraus. Oft flatterten ihr bei der letzten Schießprüfung dann aber ordentlich die Nerven. Gestern flatterte nichts: Null Fehler im Liegendschießen, jeweils einer bei den beiden abschließenden Prüfungen aus dem Stand – Neuner strahlte: „Heute habe ich beim Stehendschießen endlich einmal gezeigt, was ich drauf habe.“

Eine Demonstration mit Folgen. „Es ist nicht ganz einfach, wenn man da so allein herumläuft“, berichtete Neuner nach ihrem achten Weltcupsieg. Schon tags zuvor war sie in atemberaubendem Tempo unterwegs gewesen und schaffte es trotz ihrer vier Fehler bei zehn Schussversuchen im Sprint auf Platz drei, so dass selbst die norwegische Siegerin Tora Berger schluckte: „Unglaublich. Wenn Magdalena jetzt noch besser schießt, wird es schwer, sie überhaupt noch zu schlagen.“

Noch erstaunlicher wird ihre Überlegenheit, wenn man bedenkt, dass Neuner über Weihnachten krankheitsbedingt fast eine Woche lang nicht trainieren konnte. Es war, wie Deutschlands Sportlerin des Jahres selbst vermutet, der Preis, den sie für ihr mit Terminen gespicktes Jahr 2007 irgendwann zu zahlen hatte.

Nachdem sie am 5. Januar 2007 mit 19 Jahren in Oberhof ihr erstes Weltcuprennen gewonnen hatte, drehte sich alles um Neuner. Und als sie einen Monat später in Antholz zu drei WM-Titeln fuhr, beschränkte sich die Berichterstattung über Deutschlands Biathletinnen endgültig nur noch auf Neuner. „Das war für uns alle ungewohnt, dass ein junges Mädchen so durchstartet“, erzählt Kati Wilhelm. Dabei erkennt die dreimalige Olympiasiegerin neidlos an, dass bei Neuner sportliche Begabung und eine erfrischende Natürlichkeit eine überaus glückliche Beziehung eingegangen sind. „Magdalena kommt einfach gut an.“ Und mit ihrem Manager Stephan Peplies tut Neuner alles, damit ihr Image noch besser wird. Vor dem Saisonstart prangerte sie öffentlichkeitswirksam die vor allem in der Sommerpause laxen Dopingkontrollen an. „Das mit den Kontrollen klappt jetzt ganz gut“, sagt sie. Und noch besser klappt es mit der Fortsetzung ihres Traumwinters 2007. Bescheiden lächelnd sagt Magdalena Neuner: „Ich bin selbst ein bisschen überrascht, wie wenig Druck ich mir mache.“

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