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Sport: Einsamer Whisky mit James Bond Nach dem 1:2 bei den Rangers fühlt der VfB den Weltschmerz

Glasgow. Die meisten hasteten davon, als würden sie für jeden Meter extra bezahlt.

Glasgow. Die meisten hasteten davon, als würden sie für jeden Meter extra bezahlt. Wortlos, mit leerem Blick und hängendem Kopf eilten die Profis des VfB Stuttgart in ihren Mannschaftsbus wie in eine Zone der Schweigsamkeit. Ein ganzer Verein schien in dieser Nacht auf der Flucht. Die Augen von Trainer Felix Magath sahen so gerötet aus als habe er ein paar Tränen vergossen, aber es waren nur die Kontaktlinsen, die seine Bindehaut reizten. Nach dem 1:2 im ersten Spiel der Champions League bei den Glasgow Rangers gaben sich die Schwaben alle Mühe, ihren Frust zu verbergen. Nicht einmal die Aussicht auf einen Whisky mit Sean Connery konnte die Stuttgarter dazu bewegen, auf der VIP-Party im Hotel Radisson vorbeizuschauen. Der schottische Schauspieler und Rangers-Fan, einem Millionenpublikum als James Bond bekannt, trank dann allein mit den Stuttgarter Vereinsbossen.

Felix Magath saß mit seinen Spielern in einem Nebenraum und schaufelte lustlos in sich hinein. Zuvor hatte der Trainer seiner Verärgerung Luft gemacht und seine Mannschaft scharf kritisiert. „Beim 1:1 haben wir uns angestellt wie eine Amateurmannschaft. Solche Fehler werden sogar in der zweiten Liga bestraft, das 2:1 fälschte Bordon unhaltbar ab“, sagte der Trainer. Ruhe fanden sie in dieser Nacht der Enttäuschungen keine. In ein paar Minuten hatten sie einen sicher geglaubten Erfolg aus der Hand gegeben, das konnte keiner fassen. „Wir haben eine große Chance vergeben“, sagte Kapitän Zvonimir Soldo. Die Mannschaft habe sich nach der 1:0-Führung durch Kevin Kuranyi zu sicher gefühlt, sagte Magath. „Wir haben den Rangers geholfen, es gab keine Anzeichen, dass die ein Tor machen.“ Deshalb hört es sich auch unrealistisch an, womit sich Silvio Meißner Mut machte. „Jetzt gewinnen wir eben gegen Manchester United.“

Spielmacher Horst Heldt war neunzig Spielminuten lang eine einzige Enttäuschung, Nationalspieler Andreas Hinkel ist, wie Magath sagt, „momentan in keiner guten Phase“, und Stürmer Cacau hatte die falschen Stollen aufgezogen und rutschte auf dem Rasen umher. Peinlich genug, nach fast zwei Tagen Regen in Schottland. Fernando Meira unterschätzte die entscheidende Flanke und schoss vor dem Ausgleich durch Glasgows Christian Nerlinger seinen Teamkollegen Heiko Gerber an. Spät in dieser Nacht köchelten Befürchtungen hoch, die jungen Stuttgarter könnten nun in ein Tief und in der Bundesliga in eine Krise rutschen. Schon am Samstag kommt Borussia Dortmund zum Ligaduell ins Daimlerstadion.

Am Morgen danach trottete das schwäbische Heer der Frustrierten noch vor dem Rückflug über den Trainingsrasen in der schottischen Arbeiterstadt. Möglichst schnell wollte Coach Magath zurück in den Alltag. „Wir haben nicht viel Zeit, über dieses Spiel nachzudenken“, sagte Soldo. „Wir haben gesehen, dass wir mithalten können.“ Ein schwacher Trost.

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