zum Hauptinhalt
 Volker Goll (rechts) äußerte sich "hochgradig irritiert darüber, dass im Vorfeld der Konferenz keine Abstimmung mit uns erfolgt ist."

© DAPD

Reaktion zur Sicherheits-Konferenz: Einseitig enttäuscht

Nach der Sicherheitskonferenz schwanken Fans zwischen Wut und Resignation – und feiern Union.

Nach den für sie so unerfreulichen Nachrichten saßen die Fan-Vertreter noch eine Weile zusammen. Parallel zur Sicherheitskonferenz von Politik, Deutscher Fußball-Liga (DFL) und Deutschem Fußball-Bund (DFB) wollten die wichtigsten deutschen Fanorganisationen am Dienstag gerne mit den Vertretern der Vereine diskutieren. „Es kamen auch noch Klubvertreter vorbei – die konnte man aber an einer Hand abzählen“, sagt Robert Pohl von der Initiative „Unsere Kurve“, die rund 300 000 Fans repräsentiert. Als „verheerend“ bezeichnet Pohl das Signal, das von den Beschlüssen der Konferenz ausgeht: „Als Fan fragt man sich, wieso man in den Gremien mitarbeitet, wenn dann doch einseitig entschieden wird.“

Politik und Profifußball hatten sich auf die Möglichkeit längerer Stadionverbote geeinigt, die Vereine der drei höchsten Spielklassen unterzeichneten einen Verhaltenskodex, in dem sie Gewalt und Pyrotechnik ächten und für eine konsequente Sanktionierung eintreten. „Da sind keine sensationellen Dinge beschlossen worden – es geht aber um die Art und Weise“, sagt Volker Goll, stellvertretender Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte. „Ich bin immer noch ein bisschen erschüttert. Auch darüber, wie das Gesprächsangebot der Fans ignoriert wurde.“ Die Koordinatoren der 51 deutschen Fanprojekte sind eigentlich ein wichtiger Partner der Fußballverbände, die Ergebnisse der Konferenz erwischten Volker Goll und seine Kollegen diesmal aber auf dem falschen Fuß: „Wir sind hochgradig irritiert darüber, dass im Vorfeld der Konferenz keine Abstimmung mit uns erfolgt ist.“

Auch die Ankündigung der DFL-Klubs, ihren Anteil an der Finanzierung der Fanprojekte um 50 Prozent von drei auf 4,5 Millionen zu erhöhen und damit die Prävention zu stärken, stößt bei Goll auf Unverständnis: „Diese Maßnahme ist Unsinn und hilft uns nichts.“ Wie die DFL dem Tagesspiegel gestern bestätigte, verändert sich nur der Verteilungsschlüssel der Finanzierung, die Gesamtsumme bleibt bis auf Weiteres gleich. Bislang waren Kommunen, Länder und Vereine zu je einem Drittel daran beteiligt, künftig übernehmen die Klubs die Hälfte der Kosten. Für Goll ist diese Verschiebung wenig sinnvoll: „Die Fanprojekte leisten keine Fußball-Vereins-Arbeit, sondern soziale Jugendarbeit. Sollen sie nun etwa für Sicherheit im Stadion zuständig sein?“

René Lau von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte glaubt, dass auch einige Klubs nicht glücklich mit den Entscheidungen sind. „Wie ich das verstehe, hatten auch viele Vereinsvertreter Bauchschmerzen und haben sich ein bisschen überfahren gefühlt von DFB und DFL“, sagt der Berliner Rechtsanwalt, der Fans regelmäßig vor Gericht oder in Stadionverbots-Anhörungen berät. Als Jurist habe er eine nüchterne Sicht, bei den Vertretern der Fans aber habe die Reaktion „zwischen Resignation und Wut“ geschwankt. „Ich hätte mir gewünscht, dass mehr Vereine aufgestanden wären, dass es eine größere Diskussion gegeben hätte“, sagt Lau.

Einseitige Entscheidung: Wolfgang Niersbach sieht bei der Sicherheits-Konferenz zufrieden aus. Übereinstimmend ist die Zufriedenheit aber nicht.

© DAPD

Als einziger der 54 Vereine aus den ersten drei Ligen war der 1. FC Union nicht bei der Sicherheitskonferenz erschienen. Laut Unions-Sprecher Christian Arbeit denkt der Berliner Zweitligist vorerst auch nicht darüber nach, den Verhaltenskodex nachträglich zu unterschreiben. „Es geht jetzt nicht darum, zu sagen: Schickt uns das noch mal zu, dann sprechen wir darüber und unterschreiben es dann“, sagt Arbeit. Den gemeinsamen Weg wolle man mit den eigenen Fans besprechen: „Wo wollen wir hin? Was ist auf diesem Weg erlaubt und was nicht? Diesen Diskurs werden wir fortsetzen.“ Arbeit führt an, dass der Entwurf für den Kodex dem Verein erst am Montag um 16.45 Uhr zugegangen sei. „Wir haben uns das angeschaut, darüber gesprochen und dann schnell entschieden: Nein, so kann man das nicht machen“, sagt Arbeit.

Als einziger Abweichler im deutschen Profifußball wurden die Köpenicker gestern im Internet gefeiert, auf Unions Facebook-Seite lobten auch Anhänger anderer Vereine die Haltung des Klubs. Für Volker Goll ist das keine Überraschung: „Bundesweit fliegt Union Zustimmung für die einfache Tatsache zu, dass sie sich für demokratische Prozesse stark machen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false