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Eintracht Frankfurt: Wie auf einer Beerdigung

Platz sieben nach der Hinrunde, jetzt Relegationsplatz. Der Absturz von Eintracht Frankfurt nimmt dramatische Züge an.

Christoph Daum war konsterniert. „Vielleicht ist sogar das Erreichen des Relegationsplatzes ein großes Ziel“, sagte der Trainer von Eintracht Frankfurt nach der peinlichen Vorstellung beim 0:3 (0:3) im Derby in Mainz. Daum rief die Partie am nächsten Samstag gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber 1. FC Köln zum „ersten Endspiel“ im Kampf um den Klassenerhalt aus. Doch selbst wenn die auf Relegationsrang 16 stehenden Frankfurter die Begegnung gewinnen, könnten sie sich nach dem beispiellosen Absturz von Platz sieben in der Hinrunde dennoch am Ende in der Zweiten Liga wiederfinden. Denn der Vorletzte Mönchengladbach steht zu Hause gegen Freiburg und in Hamburg vor vermeintlich leichteren Aufgaben, da es für die Gegner der wiedererstarkten Borussia um nichts mehr geht.

„Die Ergebnisse der anderen Mannschaften im Abstiegskampf sind für uns dramatisch“, sagte Heribert Bruchhagen nach den Siegen von Gladbach, Wolfsburg, Kaiserslautern, Köln und Stuttgart. „Wir müssen alle Kräfte bündeln, damit wir wenigstens die Relegation erreichen. Mainz war uns in allen Belangen überlegen. Das war deprimierend“, fügte der Eintracht-Chef nach der leblosen Vorstellung seiner Mannschaft am Bruchweg an und sah dabei aus, als käme er direkt von einer Beerdigung. „Wir haben uns in die Hose geschissen und abschlachten lassen“, sagte Kapitän Patrick Ochs, der zusammen mit Martin Fenin der einzige Frankfurter war, der halbwegs mithalten konnte. Selbst der von Daum gelobte Torwart Ralf Fährmann sah vor dem 0:2 schlecht aus, als er einen Freistoß von Christian Fuchs nur abklatschte und der überragende Elkin Soto abstaubte. Beim 3:0 ließ Soto Sebastian Jung und Marco Russ wie Anfänger aussehen. „Wir sind komplett vorgeführt worden und hätten auch acht Dinger bekommen können. Wenn wir so weiterspielen, brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen, dann steigen wir direkt ab“, sagte Russ.

Nachdem die Frankfurter unter Daum zuvor trotz nur drei Punkten einen Aufwärtstrend gezeigt hatten, konnte der Coach „die nicht eintrachtwürdige Vorstellung“ (Ochs) seines Team nicht fassen, „bei der wir teilweise an die Wand gespielt worden sind“. Dabei musste sich der Trainer ankreiden lassen, dass er den schwachen Halil Altintop erneut 90 Minuten spielen ließ, sein Festhalten am ehemaligen Torjäger Theofanis Gekas ein Fehlgriff war und er es versäumte den völlig überforderten Sebastian Rode aus der Innenverteidigung zu nehmen. Rodes Rote Karte war die logische Folge von Daums Passivität.

Mit „schmerzlichen Worten“ will der eloquente Coach nun sein Team aufrütteln, ohne „dazwischenzuhauen“, da er kaum Alternativen im Kader hat. „Ich kann die Enttäuschung der Fans verstehen“, sagt Daum, und er sollte sie auch zu spüren bekommen: Nach der Rückkehr des Mannschaftbusses nach Frankfurt wollten 40 gewaltbereite Anhänger dem Team an den Kragen. Es gab 20 Festnahmen, und die Spieler konnten nur unter Polizeischutz entkommen. Am Sonntag und Montag wurde das angesetzte Training auf Rat der Polizei abgesagt. Daum will sich ab Dienstag mit dem Team in ein Trainingslager zurückziehen und hofft, dass die Pleite in Mainz „ein heilsamer Schock“ sein wird: „Jetzt muss der Letzte kapiert haben, dass es Überlebenskampf pur ist.“

Jürgen Heide

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