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Ein bisschen Sekt muss sein. Berlins Trainer Don Jackson blieb die Alkoholdusche nach dem großen Triumph in Wolfsburg nicht erspart.

© dpa

Eisbären-Meisterfeier: Zwischen Dienst und Kater

Jubel bei den Eisbären: Der neue Eishockey-Meister feiert seinen Triumph lange und ausgiebig – erst in Wolfsburg, dann in Berlin.

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Man musste ihn fast schon in den Mittelpunkt zwingen. Die Feierlichkeiten waren nach dem Gewinn der Meistertrophäe in vollem Gange, doch Eishockeytrainer Don Jackson genoss sie lieber abseits vom großen Trubel. Ein bisschen genießend und ein bisschen gedankenverloren schlenderte er am Dienstagabend für sich allein durch die Gänge der Eishalle. Solange, bis er sich einfach nicht mehr dagegen wehren konnte. „Wir wollen den Trainer sehen“, schmetterte der Fanchor der Berliner, und so tapste der stoische Jackson, an dessen Gesichtsausdruck man nur selten den Ausgang eines Spiels ablesen kann, der stets auf Sachlichkeit und Contenance bedacht ist, vor die jubelnde Menge und machte die Welle.

Don Jackson war damit angekommen bei den Feierlichkeiten der Eisbären anlässlich der fünften Meisterschaft binnen sieben Jahren. Stunden später, es war schon mitten in der Nacht, gab er Arm in Arm mit Kotrainer Hartmut Nickel vor 800 Fans in der Arena am Ostbahnhof sogar noch ein deutsches Volkslied zum Besten. Einen größeren emotionalen Sprung im Laufe eines Abends hätte man sich kaum vorstellen können. „Das sind einfach nur unglaublich tolle Momente“, sagte Jackson. Und: „Ich bin sehr dankbar, Teil dieser Mannschaft zu sein.“

Erst nachdem der Trainer die Halle verlassen hatte, trat er wieder wie gewohnt sachlich auf. Da stand er nun mit einer Wasserflasche in der Hand und hatte nur eine Sorge: Den Videomitschnitt des Spiels in Wolfsburg hatte er vergessen. Das ärgerte ihn selbst an einem Tag wie diesem, wollte er das Spiel am folgenden Tag doch noch einmal analysieren.

Florian Busch reckt in Wolfsburg den Fans den Pokal entgegen.
Florian Busch reckt in Wolfsburg den Fans den Pokal entgegen.

© City-Press

Die Spieler hatten zu dieser Zeit ganz andere Sorgen. Mit Champagner und Bier in den Händen und Zigarren im Mund liefen sie durch die Katakomben in Berlin wie Stunden zuvor schon in Wolfsburg. „Das fühlt sich so gut an, wir hatten viele Probleme in diesem Jahr und haben sie als Team gemeistert“, sagte Torhüter Rob Zepp. Auf ihn hatten sich seine Mannschaftskameraden nach der Schlusssirene gestürzt und dabei das Tor aus dem Eis gerissen – weil es eben „unglaublich befreiend war“, wie Zepp sagte.

Auch weil das vorangegangene Spiel ein aufregendes Hin und Her war, Rückstand, Ausgleich, Führung in Unterzahl, Ausgleich, Siegtreffer. „Wir haben es interessanter als nötig gemacht“, sagte Steve Walker. Erst drei Minuten vor dem Ende schoss Constantin Braun das 5:4, auf das der EHC Wolfsburg nicht mehr reagieren konnte und das den Berlinern ein 3:0 nach Siegen im Finale einbrachte. Braun stand noch Minuten nach dem Spiel gedankenverloren auf dem Eis, aber nachdem er die Geschehnisse verarbeitet hatte, sagte er: „Wenn du so eine lange Saison hinter dir hast und solche Play-off-Serien gespielt hast, macht am Ende nur noch der Wille den Unterschied.“

In Berlin schneidet Constantin Braun seinem Bruder Laurin eine Glatze.
In Berlin schneidet Constantin Braun seinem Bruder Laurin eine Glatze.

© City-Press

Als der Berliner Verteidiger seine Sprache wiederfand, war der Boden schon voll mit goldenen Konfetti, die ersten Flaschen rollten übers Eis, und die etwa 1000 mitgereisten Fans der Eisbären sangen ihr Meisterlied: Davon, dass – diplomatisch ausgedrückt – ihnen der Rest der Welt egal ist, verbunden mit der Botschaft: „Deutscher Meister, das sind wir!“ So sah es aus. Kapitän Stefan Ustorf drückte den Pokal an sich wie ein Neugeborenes. „Es war vor dem Spiel für uns eine gefährliche Situation, weil alle schon vom Titel sprachen“, sagte Ustorf. „Aber dieses Team hat Charakter, sodass es sich durch nichts beeinflussen lässt.“ Dann reihte er sich ein in das große Uffta vor dem Fanblock.

Es sollte nicht sein letzter Auftritt des Abends bleiben, denn auch die Fans, die bis tief in der Nacht in der Heimspielstätte der Berliner auf ihre Helden aus Wolfsburg warteten, wollten bespaßt werden. Diesmal blieb es dem sonst eher zurückhaltenden Frank Hördler überlassen, den Vorsänger zu mimen. Überhaupt musste jeder Profi ab kurz vor drei Uhr in der Arena ans Mikrofon. Ein Danke hier, ein „Ihr seid die besten Fans der Welt“ dort. Besonders gefragt war neben dem Trainer noch Stürmer Sven Felski, weil beim Ur-Berliner und ewigem Eisbär halt noch etwas zu klären war.

Macht er nun weiter? Oder begibt er sich nach Titel fünf in den Eishockeyruhestand? Sein zwanzigstes Jahr bei seinem Herzensklub wolle er schon noch erleben, lautete die Antwort. Felski wird also noch eine Saison dranhängen, die meisten anderen Profis der Eisbären schwiegen dagegen zu ihrer Zukunft. Rob Zepp, Kevin Nastiuk, Jeff Friesen, Steve Walker – sie alle haben noch kein festes Engagement für die kommende Saison. Doch das kümmerte sie in diesem Tag noch nicht. Feiern und genießen war angesagt.

Nach der Nachtschicht in der Arena am Ostbahnhof zogen einige Spieler noch weiter Richtung Berlins Mitte. Und während Trainer Don Jackson am frühen Morgen wohl schon wieder nach seinen Videoaufzeichnungen stöberte, feierten sie dort immer noch.

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