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Und wenn nicht gestorben sind, dann spielen sie noch heute. Das 3:2 in der 3. Verlängerung in Straubing war das längste Spiel der Eisbären-Geschichte.

© Claus Vetter

Verlängerungskrimi der Eisbären in Straubing: Eishockey bis zum Umfallen

Die Eisbären Berlin richten sich nach dem dramatischen Sieg in Straubing schon auf den nächsten Marathon ein - ab Dienstag geht es im Viertelfinale gegen Mannheim.

Die Berliner Anhänger auf der Stehplatztribüne sangen sich schon ein für den kommenden Tag: „Hey, das geht ab, wir spielen die ganze Nacht.“ Aber kurz vor Mitternacht war die Party in der rüstigen niederbayrischen Eishalle dann doch jäh vorbei. Um 23.52 Uhr setzte Jamie MacQueen zur besten Schlafenszeit dem Eishockeywahnsinn am Pulverturm ein Ende. 3:2 für die Eisbären in der dritten Verlängerung, in der 104. Spielminute. Es gibt sicher weniger kraftraubende Methoden, um ein Viertelfinale in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zu erreichen. Aber die Eisbären haben es sich nun eben so erarbeitet, nach zwei Siegen gegen die Straubing Tigers in den Pre-Play-offs spielen sie ab Dienstag eine „Best-of-Seven“-Serie gegen Adler Mannheim.

Zum ganz großen Rekordeintrag hat es für das Spiel am Freitag nicht gereicht. Im März 2008 hat ein Play-off-Spiel der Kölner Haie gegen Mannheim 168 Spielminuten und 16 Sekunden gedauert. Damals siegte Köln in der sechsten Verlängerung 5:4. Und schon da kam die Frage auf, ob es unbedingt eine gute Idee war, das Penaltyschießen in der DEL abzuschaffen und bis zum Umfallen zu verlängern? Für die Zuschauer vielleicht, für die Spieler nicht unbedingt.

Jamie MacQueen wirkte noch lange nach dem Kraftakt vom Freitag nicht wie ein Mensch, der begriffen hatte, was da passiert war. Er stand im Kabinengang, zwischen mit Plastikbechern mit Tee und Bananenresten. Irgendwie war der Puck vom Kanadier ins Straubinger Tor geprallt. „Das war verdammt hart. Ich war verdammt müde, da fällt dir alles verdammt schwer in so einem Spiel.“ Verdammt, verdammt, verdammt. Natürlich hatte MacQueen schon mit seinen zwei Toren beim 3:1 am Mittwoch gegen Straubing die Dramaturgie der Serie ein großes Stück weit mitgeschrieben, aber die Geschichte am Freitag war eine andere: Das Marathonspiel. So etwas hatte Kapitän André Rankel „noch nie erlebt“ und dafür ging es ihm „erstaunlich gut“. Da war der Berliner Angreifer eine Ausnahme, in der Verlängerung schlichen die meisten Spieler nur noch über das Eis. Das sah vom Tempo nicht immer nach Eishockey aus. Kein Wunder, bezieht die Sportart ja ihre Dynamik auch aus dem Umstand, dass normaler Weise nach spätestens 40, 50 Sekunden gewechselt wird. Aber nach viereinhalb Stunden Spiel wie am Freitag in Straubing, hilft selbst das nicht mehr, bei den Gastgebern mussten sogar zwei Spieler gegen Ende aufgrund von Krämpfen passen.

„Wir hatten ausreichend Müsliriegel und Bananen dabei“, scherzte Uwe Krupp

Eishockey bis zum Umfallen – gesund ist das bestimmt nicht, aber ein Marathonlauf ist das ja auch nicht unbedingt. Beim erschöpften Sieger sahen sie das entspannt. „Wir hatten ausreichend Müsliriegel und Bananen dabei“, sagte Eisbären- Trainer Uwe Krupp weit nach Mitternacht. „Wir hätten auch noch etwas länger spielen können.“ Und Sportdirektor Stefan Ustorf sagte, als er seinem Smartphone dann mal für einen Augenblick keine Aufmerksamkeit widmete: „Ich habe in der NHL schon mal mit Washington gegen Pittsburgh vier Verlängerungen gespielt.“

Die Berliner hatten gut reden. Wer nach zwölf Auswärtsniederlagen in Folge so aus der Negativnummer herauskommt, der hat Großes geleistet. Das Spiel von Freitag war vielleicht das Spiel, an dem sich die Berliner nach einer insgesamt verkorksten Hauptrunde hochziehen können. Jetzt sind sie über den Umweg Qualifikation doch ins Viertelfinale gerutscht. Dort treten sie gegen den Hauptrundenzweiten Mannheim als Außenseiter an, auch wenn die Bilanz zwischen beiden Teams in der Hauptrunde ausgeglichen war. Aber das alles ist ja womöglich sogar ein Vorteil für die Berliner, der Druck ist nun ab Dienstag bei Mannheim.

Bis dahin haben die Eisbären noch genug Zeit, um zu regenerieren. Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Berliner am Sonntag noch hätten spielen müssen. „Hätten wir hier verloren und erst am Sonntag den dritten Sieg gegen Straubing geschafft, dann hätten wir womöglich am Dienstag nicht mehr antreten müssen“, sagte Jamie MacQueen. Zufrieden lächelnd, bevor er dann den Mannschaftsbus bestieg am Samstagmorgen, um mit dem Team zum Hotel nach München zu fahren. Am Dienstag geht die Saison für die Eisbären noch einmal los, Trainer Uwe Krupp war schon um Mitternacht in Straubing „mit dem Kopf nur noch bei Mannheim“. Denn das wir hart: Maximal sieben Spiele sind möglich und somit auch sieben Verlängerungen. Und vielleicht klappt es dann ja auch mit einem Spiel, das erst nach Mitternacht endet.

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