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Flemming

© promo

Eishockey: Der Eisbären-Psychologe: "Ich wandle Emotionen um“

Markus Flemming macht die Berliner Eishockeyspieler mental fit für den Titel. Hier erzählt der Psychologe und ehemalige Spieler, wie er die Eisbären für das Play-off-Finale motiviert.

Herr Flemming, sind Sie zurzeit bei den Eisbären sehr im Stress?

Wieso? Die Spieler wissen doch, worauf es ankommt.

Sind die Play-offs psychologisch also nicht anspruchsvoller als die reguläre Saison?

So habe ich das nicht gemeint. Der Umgang mit Emotionen ist in den Play-offs ein Niveau höher als sonst. Es geht schließlich um die Deutsche Meisterschaft. Man muss sich nur vorstellen, vor 14 500 Zuschauern in einer Endrunde zu spielen. Mit Faktoren wie diesen muss man umgehen können.

Können die Spieler lernen, sich zu kontrollieren?

Man kann den Spielern Emotionen bewusst machen und diese in positive Energie umwandeln. Letztlich ist ein Finalspiel immer noch ein Eishockeyspiel. Das ist das, wofür die Mannschaft jahrelang trainiert hat. Der Spieler muss die Einstellung haben: Genau da wollte ich hin, das habe ich mir hart erarbeitet. Ich gehe raus und gebe mein Bestes.

Wie vermitteln Sie den Profis diese Herangehensweise?

Das ist individuell sehr verschieden. Ich arbeite unaufdringlich. Ich mache ein Angebot – einige nehmen es an, andere nicht. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Jungs akzeptieren, was ich mache. Ich glaube, dass mich alle akzeptieren, und das ist wichtig.

Trainer Don Jackson sagt, dass ein Spiel mindestens zu 50 Prozent im Kopf entschieden wird. Wie hoch ist denn demnach Ihr Beitrag zum Finaleinzug der Berliner?

So genau kann man das nicht sagen. Aber ganz ehrlich: Ich sehe meine Rolle schon so, dass ich die Spieler positiv beeinflusse. Und etwaige Verkrampfungen lockern kann. Gerade nach einer Niederlage in den Play-offs ist es doch wichtig, dass schnell wieder Konzentration einkehrt. Ich glaube, dass mir das gelingt.

Trotzdem nimmt nicht jeder Berliner Profi Ihre Hilfe in Anspruch.

Das ist auch in Ordnung so. Es gibt Athleten, die haben nach einer Niederlage sofort intuitiv die richtige Einstellung, es unbedingt besser machen zu wollen. Das ist positiv und gesund. Andere Spieler sind länger frustriert und hängen eher durch. Um diese kümmere ich mich dann eher.

Kommt es Ihnen zugute, dass Sie selbst professionell Eishockey gespielt haben?

Natürlich kann ich die Perspektive eines Profisportlers nachvollziehen. Als Torwart war ich einer, der immer Stimmung verbreitet und das Team motiviert hat.

Insbesondere im Eishockey wurde die psychologische Komponente lange vernachlässigt, oft sogar belächelt. Auch heute arbeitet noch nicht jeder Klub in der Liga mit einem Psychologen zusammen.

Man darf sich meinen Job nicht falsch vorstellen. Ich habe von den Eisbären keinen Auftrag, in die Kabine zu kommen, rumzubrüllen und zu sagen ‚Das Leben ist schön‘. Das wäre lächerlich. Vor ein paar Jahren gab es solche Ansätze. Aber mittlerweile ist den meisten bewusst, dass die Sportpsychologie ein Instrument ist, dass dem einen oder anderen hilft. Es wird immer mehr akzeptiert und als Selbstverständlichkeit angesehen. Das war nicht immer so.

Die Berliner vertrauen Ihnen nun schon seit drei Jahren. Können Sie sagen, was den Klub aus psychologischer Sicht auszeichnet?

Wie sich die Eisbären immer wieder zu Bestleistungen antreiben, das ist schon sensationell. Da kann man als Psychologe einfach nur stolz sein, dabei sein zu dürfen.

Das Gespräch führte Katrin Schulze.

Markus Flemming, 41, ist Diplompsychologe. Er spielte früher als Eishockey-Torwart unter anderem für die Düsseldorfer EG und die Adler Mannheim. Seit 2006 betreut er die Eisbären Berlin.

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