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Feierabend. Chicagos Andrew Shaw feiert sein Siegtor im ersten Finalspiel der NHL.

© Reuters

Eishockey: Wenn die Entscheidung auf sich warten lässt: „Dann mussten die Betreuer zur Tankstelle“

Im ersten NHL-Finalspiel zwischen Chicago und Bosten fiel erst nach 113 Minuten eine Entscheidung. Philipp Gogulla erinnert sich an ein Spiel mit Überlänge mit seinem Klub Kölner Haie.

Philip Gogulla, das erste Finalspiel in der National Hockey League (NHL) zwischen den Chicago Blackhawks und den Boston Bruins dauerte 113 Minuten. Es war das fünftlängste Finalspiel der Geschichte. Haben Sie das Spiel gesehen?

Nein, live nicht. Die Spiele beginnen bei uns ja mitten in der Nacht, das ist mir zu anstrengend. Aber ich habe mir am Morgen eine Zusammenfassung angeschaut. Schon der Wahnsinn, was da abging.

Sie haben einige Erfahrungen mit solchen Marathon-Spielen. Beim zweitlängsten Eishockeyspiel der Geschichte erzielten sie sogar den Siegtreffer.

Das war 2008, ich spielte mit den Kölner Haien im Play-off-Viertelfinale gegen die Adler Mannheim. Es stand 1:1 nach Spielen, Spiel drei war also enorm wichtig. Und dann wurde es eine ganz zähe Angelegenheit.

Das Siegtor zum 5:4 erzielten Sie in der sechsten Verlängerung, insgesamt dauerte das Spiel 168 Minuten. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?

Ich weiß noch, dass das Spiel um 17.30 Uhr begann und als ich das Tor machte, war es schon weit nach Mitternacht. Einige Zuschauer hatten da schon die Halle verlassen, wahrscheinlich mussten sie ihre Kinder nach Hause bringen. In dem Moment, als der Puck von meinem Schläger ins Tor flog, gab das einen unheimlichen Adrenalinschub. Und natürlich verspürte ich Erleichterung, dass es endlich vorbei war. Wir waren alle total erschöpft.

Philip Gogulla, 25, spielt für die Kölner Haie in der Deutschen Eishockey-Liga. Vor fünf Jahren war er mit seinem Verein am zweitlängsten Spiel der Geschichte beteiligt.
Philip Gogulla, 25, spielt für die Kölner Haie in der Deutschen Eishockey-Liga. Vor fünf Jahren war er mit seinem Verein am zweitlängsten Spiel der Geschichte beteiligt.

© dpa

Wie hält man so eine Belastung aus?

Das geht nur über den puren Willen. Am Ende entscheidet der Geist über Sieg oder Niederlage. Bin ich bereit, dem Puck noch einmal nachzugehen? Fahre ich auch nach 100 Minuten den Check noch konsequent zu Ende? Letztendlich macht das Mentale 60 bis 70 Prozent aus.

Spürt man die Strapazen nicht auch?

Die sind natürlich enorm, der Körper wird nach jedem Drittel müder. Irgendwann mussten unsere Betreuer zur Tankstelle laufen, um Schokolade und Energieriegel zu holen, damit wir unseren Zuckerspiegel halbwegs halten konnten. Dazu gab es Bananen und Nudeln.

Sie haben sich während des Spiels den Bauch vollgestopft?

Nein, aber der Körper verlangt in so einer Ausnahmesituation nach Energie. Dann werden kleine Häppchen gereicht. Man bereitet sich im Vorfeld ja nur auf ein Spiel vor, und wir haben am Ende fast drei Spiele am Stück absolviert.

Haben Sie irgendwann mal den Glauben daran verloren, dass dieses Spiel überhaupt zu Ende gehen kann?

Die Situation war besonders, irgendwann schaltet der Kopf aus und man funktioniert nur noch. Ich weiß noch, wie wir in der letzten Pause das Radio angemacht haben, um unseren Song zu hören. „Wir haben noch lange nicht genug“ von den Böhsen Onkelz, damit haben wir uns vor den Spielen immer heiß gemacht. Im Nachhinein hätte es kein passenderes Lied geben können, nur das damals einige wohl wirklich genug hatten. (lacht)

Kann so ein Spiel den Verlauf einer Serie maßgeblich beeinflussen?

Klar, aber im Fall von Boston und Chicago glaube ich das nicht. Dafür ist es noch zu früh. Natürlich ist es ärgerlich, wenn man so eine Schlacht verliert. Aber die Bruins sind ein mental toughes Team, die Serie beginnt jetzt für sie erst.

Das Gespräch führte Sebastian Stier.

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