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© dpa

Eishockey-WM: Angst auf Eis

Nach dem Fiasko bei der Weltmeisterschaft gehen dem Deutschen Eishockey-Bund die Ausreden aus. Zum Abschluss des Turniers gelang der Mannschaft wenigstens noch ein 2:1-Sieg gegen Ungarn.

Von Katrin Schulze

Berlin – Die Hilflosigkeit hat beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) eine neue Dimension erreicht. Wenn die Verantwortlichen des Verbands versuchen, das Unerklärliche zu erklären, wirken sie nur noch frustriert. Selbst abgedroschenstes Sportvokabular klingt da aus dem Mund von Franz Reindl wie eine bedeutungsschwere Aussage. „Die Wahrheit zeigt sich auf dem Eis“, sagt der Generalsekretär und Sportdirektor des DEB. „Und diese Fakten sind grauenhaft genug.“ Reindl gelingt es nicht, seine Enttäuschung zu verbergen. Er bemüht sich auch erst gar nicht darum. Zu viel ist in den vergangenen Tagen passiert.

Bei der Weltmeisterschaft in der Schweiz gab die Nationalmannschaft eine desolate Vorstellung ab. Dabei war eigentlich eine illustre Werbetour in eigener Sache geplant: Mit erfrischendem Eishockey wollte das Team die WM 2010 im eigenen Land anpreisen. Doch daraus wurde ein Schaulaufen der traurigen Art. Statt in der Zwischenrunde um das Viertelfinale zu kämpfen, schlidderten die Deutschen in der Abstiegsrunde von Blamage zu Blamage. 1:3 gegen Dänemark, dann das historische 0:1 gegen Österreich – die erste Niederlage gegen den Nachbarn seit 75 Jahren. Nur das Heimrecht bei der nächsten WM verhinderte den Absturz in die Zweitklassigkeit.

Dass die Mannschaft nun 2:1 gegen Ungarn siegte, täuscht nicht über das Fiasko hinweg. Bei fünf Niederlagen in sechs Spielen „gibt es nichts zu beschönigen“, sagt Reindl. Für die Verhältnisse des DEB klingt das fast schon revolutionär, hatten sich Bundestrainer Uwe Krupp und seine Vorgesetzten nach den Misserfolgen in der Gruppenphase doch noch in Ausreden verloren. Mangelndes Glück, die Leistung der Schiedsrichter, Pech im Abschluss: Das alles sollte für das schlechte Abschneiden verantwortlich sein. Sogar von „sensationellem Eishockey“ war nach der Niederlage gegen die Schweiz die Rede.

Lange Zeit war der DEB Weltmeister – im Schönreden. Ein Titel, der sich nun nicht mehr halten lässt. Schließlich präsentierten sich die Deutschen in Bern so schlecht wie lange nicht. „Wir wurden von Spiel zu Spiel unsicherer“, sagt Torjäger Michael Wolf aus Iserlohn. „Jeder hat die Verantwortung auf den nächsten geschoben.“ Fehlender Teamgeist ist wohl kaum der einzige Grund für die ideenlosen Darbietungen. Auch die Besetzung des Kaders dürfte dazu beigetragen haben: Unter den Nominierten befanden sich gerade mal vier Profis, die auch im Finale um die deutsche Eishockeymeisterschaft kämpften.

Schon seine Berufungen brachten den Bundestrainer vor der WM in die Kritik. Obwohl der 43-Jährige das Nationalteam 2006 wieder in die Erstklassigkeit führte, blickt er auf eine überschaubare Karriere als Coach zurück. Weil Krupp zuvor nur als Jugend- und Kotrainer arbeitete, muss er sich die Frage gefallen lassen, ob er der Aufgabe Nationalmannschaft tatsächlich gewachsen ist. Trotzdem „steht sein Job nicht zur Debatte“, sagte Generalsekretär Reindl dem Tagesspiegel.

Für den DEB liegt das Problem in der „Erwartungshaltung“. Medien, Spieler und Offizielle hätten zu hohe Ziele gesteckt, sagt Reindl. Wirklich? Die Deutschen haben bei der WM gegen Länder verloren, in denen es weit weniger aktive Eishockeyspieler gibt – nur Russland verzeichnet mehr. Auch deshalb „müssen nun alle aufwachen“, sagt Reindl. Er schließt seinen Verband nicht aus. Denn der leistete sich viele Unzulänglichkeiten: die laxe Bestrafung von Florian Busch nach seiner verweigerten Dopingprobe oder die Berufung eines nicht spielberechtigten Profis bei der WM 2008.

Zur Lösung der Probleme ist nun eine engere Zusammenarbeit zwischen DEB und der Deutschen Eishockey-Liga geplant. Alles für die WM 2010. Denn dann wollen mehr als 70 000 Zuschauer in der Arena auf Schalke die Nationalmannschaft sehen. Eine konkurrenzfähige Nationalmannschaft.

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