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Bleibt am Ball. Giovane Elber (r.) wird die WM im deutschen Fernsehen begleiten.

© Imago

WM in Brasilien: Elber prangert Korruption an

Giovane Elber freut sich auf die Fußballweltmeisterschaft in seinem Land. Doch der ehemalige Bundesliga-Profi prangert auch die Korruption in Brasilien an.

Der Name Elber öffnet in Brasilien Türen. Nicht alle, aber viele. 15 Länderspiele und die Karriere in Europa haben Spuren hinterlassen. Vor einigen Wochen aber hatte Giovane Elber genug. Er gab den neuen Nebenjob als Sportbeauftragter in seiner Heimatstadt Londrina auf. „Wir wollten etwas verändern und mehr Möglichkeiten für Kinder schaffen, um Sport zu treiben“, sagt Elber. Politik sei nichts für ihn, sagt der 41 Jahre alte Ex-Profi nun resignierend. Zu viel Vetternwirtschaft, Korruption und eigene Interessen. Brasilien habe da ein großes Problem.

Bei einer der vielen Demonstrationen war Elber nicht. Seine Sympathie für die Proteste aus der Ferne muss reichen. Er kämpft lieber auf seine Weise und er hat andere Jobs als den des Sportpolitikers. Elber ist Rinderzüchter. Rund 6500 Tiere hat er auf seiner Farm. „Das ist klein im Vergleich zu den großen Farmen. Da gibt es 30 000 oder 40 000 Rinder“, sagt er. Und er ist Fernsehexperte. Viele Sender schätzen seine Art. Elber ist immer für einen Spaß und ein offenes Wort gut. Für 2014 hat die ARD Elber verpflichtet.

Seine Statements der vergangenen Monate zeigen: Elber wandelt zwischen Standpunkten eines Fußball-Liebhabers und den Ansichten eines WM-Kritikers. Er geißelt die „WM für reiche Leute“, die „schlechte Infrastruktur, weil wir keine Busse und Bahnen haben und schlechte Krankenhäuser und ein sehr schlechtes Bildungssystem“. Und, dass viele der WM-Stadien in Städten gebaut wurden, in denen es keine Fußballklubs gibt, die sie nach der WM nutzten könnten. „Da wollten sich viele Lokalpolitiker ein Denkmal setzen und mit ihrer Stadt dabei sein“, sagt er. Wer, fragt er, „soll dort später spielen? Krokodile und Affen?“ Aber „die WM und Olympia haben Brasilien verändert. Die Leute wollen sich nicht mehr alles gefallen lassen. Sie haben die Chance erkannt, der Welt von Brasilien und ihren Problemen zu erzählen.“ Die WM „ist eine Chance zur Veränderung“.

Die Elbers sind das, was man sich unter einem Clan vorstellt. Im positiven Sinne. Elbers Verwandte kämpfen mit ihm zusammen. Onkels, Tanten, alle. Auch seine Frau Cintia, eine Psychologin. Ab und zu sind die Elbers in Deutschland, im Remstal bei Stuttgart, in Winterbach, einem kleinen Ort am Fuße sanfter Hänge. Zwischen 1994 und 1997 spielte er beim VfB Stuttgart. 1997 verabschiedete er sich mit dem Pokalsieg. Mancher sagt, er sei nie wirklich gegangen, nicht einmal als er bei Bayern München unterschrieb. Vor knapp 20 Jahren entstand in Winterbach der „Verein zur Förderung brasilianischer Straßenkinder“ und einige Jahre später die Giovane-Elber-Stiftung. Rund eine Million Euro kamen mittlerweile zusammen – für ein Ausbildungszentrum mit Schule und Arztzimmer in Londrina, 500 Kilometer südwestlich von Sao Paulo. 300 Kinder bekommen dort eine Perspektive als Gärtner, Schreiner, Friseur, Näher oder Bürokraft mit Computerkenntnissen. Elber und seine Mitarbeiter haben Lehrer und Ausbilder angestellt. Die sind auch für den Kinderhort „Casa do Caminho“ da. Demnächst soll eine Sporthalle fertig werden. Freunde aus dem Remstal organisieren die Sammlungen und veranstalten Reisen nach Londrina. Für 2014 ist eine weitere geplant, nach der WM. Brasilien ist nicht nur Fußball, für sie zumindest.

Giovane Elber lacht. „Ich weiß, das klingt nach Klischee. Aber ich habe einen Traum. Den, dass meine Kinder und alle anderen ein Brasilien ohne Korruption erleben. Mit Investitionen in Bildung und Verkehr.“ Später sagt er, er hoffe wenigstens, es werde besser. Das Interesse an Brasilien, und damit die Aufmerksamkeit, werden kaum nachlassen. Nach der Fußball-WM 2014 richtet das Land 2016 die Olympischen Sommerspiele aus. „Die Brasilianer freuen sich auf die WM. Alle“, sagt Elber. „Obwohl sich nur wenige Karten kaufen können.“ Schon beim Confed-Cup sei das so gewesen, als dicke Autos auf den Parkplätzen standen. Die WM sei ein Zeichen für Brasiliens Aufstieg und damit zu mehr Selbstwertgefühl. „Es gibt Public Viewing, das werden große Partys. Man kann ohne Karte nach Brasilien kommen und die Atmosphäre genießen.“ Viele Brasilianer aber spürten die schlechten Seiten des Aufschwungs. Vieles sei teurer geworden. Manche hätten nicht einmal Wasser und Strom, lebten in unvorstellbarer Armut. „Obwohl sie es wissen, muss man das vielen unserer Politiker jeden Tag sagen", meint Elber.

Vor den Fernsehkameras der ARD will Elber die heiklen Themen nicht auslassen, auch wenn dann der Fußball im Mittelpunkt steht. Und Elber ist sich sicher, dass es eine schöne WM wird. „Vor allem, wenn wir nicht vergessen, welche Probleme neben dem Fußball zu lösen sind.“

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