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Hockey

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EM-Finale: Deutsche Hockey-Frauen chancenlos und zuversichtlich

Die deutschen Hockeyfrauen gehen nur als Außenseiter in das EM-Finale gegen Gastgeber Holland.

Der Schrecken wird im Wald von Amsterdam von einer süßlichen Melodie begleitet. Immer wenn die holländische Hockey-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft ein Tor erzielt, wird im Wagener-Stadion Samba di Janeiro von Bellini eingespielt, der Plastikhit eines längst vergangenen Sommers. 29 Mal war das Liedchen in dieser Woche schon zu hören, was ohne Zweifel den Tatbestand der Folter erfüllt. An diesem Samstag aber soll Samba di Janeiro zur Hymne des Triumphes werden. An diesem Samstag (15.30 Uhr) treffen die Holländerinnen im EM-Finale auf ihren großen alten Rivalen Deutschland. „Wenn man sich das Turnier anschaut, sind sie bisher die souveränste Mannschaft und eindeutiger Favorit“, sagt Fanny Rinne, die Kapitänin des deutschen Teams. „Aber das waren sie ja schon öfter.“

Eigentlich sind die Holländerinnen das immer. In den vergangenen fünf Jahren haben sie alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Sie sind Weltmeister und Olympiasieger. Nur zweimal haben sie ein Finale verloren: 2004 bei Olympia in Athen und 2007 bei der EM in Manchester – beide Male gegen Deutschland. „Wir haben keine Angst vor denen“, sagt Maike Stöckel, die das deutsche Team mit ihrem Golden Goal zum 2:1 gegen England ins Finale geschossen hat. Es ist eher umgekehrt. „Die haben einen kleinen Knacks gegen uns.“

Beide Mannschaften kennen sich in- und auswendig, allein seit Ende Juni haben sie viermal gegeneinander gespielt. „Von der Vorbereitung ist es das einfachste Spiel“, sagt Bundestrainer Michael Behrmann. „Die Holländerinnen spielen ihr Ding.“ Die Deutschen aber sind immer wieder für Überraschungen gut. Vor einem Monat zum Beispiel, im Gruppenspiel der Champions Trophy, ließ Behrmann die holländische Verteidigerin Janneke Schopman in Manndeckung nehmen. Eine unorthodoxe Maßnahme – aber sie erfüllte ihren Zweck. Die Holländerinnen kamen überhaupt nicht damit zurecht, dass ihnen Schopman als Anspielstation fehlte. Mehr als ein Tor nach einer Strafecke sprang für sie nicht heraus. „Wenn man Standard gegen sie spielt, wird man erschossen“, sagt Behrmann.

In Amsterdam haben das die Engländerinnen erleiden müssen, die ihr Gruppenspiel 0:5 gegen Holland verloren, genauso Spanien, das im Halbfinale mit 1:5 abgefertigt wurde. „Die spielen ein ganz nettes Turnierchen“, sagt Maike Stöckel. Nette Umschreibung für den Schrecken, den die Holländerinnen verbreiten. Ihre Überlegenheit war so frappant, dass die holländischen Medien schon dafür plädieren, das Feld von acht Teilnehmern auf sechs oder sogar vier zu reduzieren: Wer braucht schon ein 9:0 gegen Russland in der Vorrunde?

Nach menschlichem Ermessen haben auch die Deutschen keine Chance: nicht gegen diese holländische Mannschaft, die noch dazu vor eigenem Publikum spielt. „Da bist du immer der Außenseiter“, sagt Deutschlands Abwehrchefin Tina Bachmann, die in Amsterdam wohnt und für MHC Laren in der holländischen Liga spielt. „Aber das macht es für uns auch leichter.“ In Holland gegen Holland – das sei immer schön, sagt Fanny Rinne. „Das wollten wir so. Und weggegeben haben wir das Spiel noch nicht.“

Nach menschlichem Ermessen hätten die Deutschen auch 2004 in Athen und 2007 in Manchester verlieren müssen. Aber die Erinnerung an diese Überraschungssiege stützt die eigene Zuversicht. „Wir werden mit Sicherheit mit einer richtig guten Taktik spielen“, sagt Maike Stöckel. Und das Trauma spielt bei den Holländern ja auch noch mit. Fanny Rinne hat das schon häufiger festgestellt. „Ich weiß nicht, ob die Schiss, Angst oder Respekt haben“, sagt sie. „Ich glaube, manchmal ist es Angst.“ Warum die Holländerinnen, die stets so souveränen, die Deutschen fürchten, weiß Fanny Rinne eigentlich selbst nicht. Ist ihr aber auch egal: „Entscheidend ist, dass sie Angst haben.“

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